Donnerstag, 30. Juli 2009

Lesestoff

Ich schrieb zum Thema Streiks in Südafrika. Hier.

Samstag, 25. Juli 2009

Young Chiefs away - love it!

Langsam wird es unheimlich:
Ich komme grad vom dritten Young-Chiefs-Spiel zurück, in dem ich von anfang an beweisen durfte. Heute stand diese Herausforderung unter einem noch schlechteren Stern als sonst sowieso schon, da zu mangelndem Talent und dem mir innewohnenden "Feindbild Ball" auch noch die Hindernisse "5 Wochen ohne Training" und "6 Flaschen Wein zu fünft am Vorabend" hinzukamen. Wie die ersten beiden Partien auch, ging es zudem auswärts ran und wieder haben wir die drei Punkte eingesackt. Ich würde mich dementsprechend ganz bescheiden als Sieggarantie einschätzen...
Schuld daran nach Überzeugung aller heute: Ich sollte das obligatorische Gebet im Mannschaftskreis vorm Anstoß übernehmen und die Jungs wollten es auf Deutsch hören. Tja, eh ich da jetzt die "Es gibt keinen Gott"-Debatte aufmache, hab ich eben schnell ein paar Worte an den Fußballgott gerichtet und siehe da - das German Soccer Muti hat gewirkt.
In einem völlig abgedrehten Spiel sind wir in Hälfte eins recht rasch in Führung gegangen, ehe sich die Stürmer standhaft weigerten eine meiner unzähligen Traumflanken zum 2:0 zu verwerten. Ich habe übrigens festgestellt, dass ich mit Rotweinkater deutlich mehr Luft zu Flankenläufen habe als ohne, was ich aber für nicht weiter bedenklich halte.
In der zweite Halbzeit konnte die Heimmannschaft, übrigens die Truppe des hiesigen Armee-Stützpunkts, dann zunächst ne Sonntags-Granate in unserem Netz platzieren. Wir hatten allerdings reichlich Chancen, den alten Abstand wieder herzustellen, einzig in der Verwertung haperte es, woran ich nicht ganz unschuldig war. So zwanzig Minuten vor Ende durfte das deutsche Pferd von der Außenbahn dann das Grün verlassen und sich an den Wassertrögen laben. Mawethu, der für mich kam, hat dann nach ner Ecke völlig freistehend aus drei Metern gleich mal den Ball zum 2:1 ins Netz gelegt.
Doch nicht nur bei der gegnerischen Abwehr war die Übersicht dahin, der Referee versagte uns in der Folge zwei eigentlich reguläre Treffer und stellte dann noch einen unserer Stürmer vom Platz, weil der einem Verteidiger, der den Ball im Liegen zwischen seinen Beinen eingeklemmt hatte, das Leder rausstochern wollte. Äußerst fragwürdig. Fünf Minuten später entwickelte sich zwischen zwei Kickern eine halbe Schlägerei, der Schiri bemerkte das allerdings erst ungefähr eine Minute später, schickte dann aber beide Jungs runter.
Die Krönung kam in der Schlussminute: Nach einem langen Ball in die Spitze läuft unser Verteidiger einem gegnerischen Stürmer klar den Ball ab und berührt ihn dabei nicht mal. Der Stürmer bleibt ohne jeden Protest steht und watschelt dann zurück, bis er mit überraschtem Jubelschrei darauf reagiert, dass der Mann mit der Pfeife tatsächlich auf Elfmeter entschieden hatte. Ob unserer Proteste regnete es dann noch etwas Gelb, ehe Chantsa, unser Keeper, den halbhoch getretenen Elfer ins Toraus abwehren konnte. Der Referee entschied auf Abstoß und pfiff dann lieber schnell ab, als der Ball in der Luft war. Das Gelächter hinter der Seitenlinie hielt allerdings noch lange an.

Montag, 20. Juli 2009

Mission Hummer



Ich habe einen neuen Grund, warum Südafrika – und trotz aller Gerüchte nicht Schweden – das schönste Land der Welt ist. Wer jetzt glaubt, dass Franz Beckenbauers Einschätzung, die Fußballnationalmannschaft Bafana Bafana sei ein WM-Favorit, dahinter steckt, liegt falsch. Der einzig wahre Grund ist, dass man hier auch im Winter herrlichen Sommerurlaub machen kann. Man muss nur von Port Elizabeth einen Tagesritt die Küste gen Nordosten fahren, mit Schlaglöchern übersäte Straßen überleben und nicht vergessen, abends den Sherry mit an den Strand zu nehmen – sonst ist es nämlich doch ganz schön kalt. All diese Tricks haben wir für eine Woche lang umgesetzt und tagsüber war es dann auch ohne Betäubungsmitteleinsatz sommerlich warm. Dazu wurde ich Zeuge einer immensen Verstrahlung, wie ich sie bisher selten bei einem Menschen erlebt habe. Doch der Reihe nach.
Los ging die Tour mit dem kulturellen Teil, in Grahamstown war nämlich gerade das Nationale Kunst- und Kultur-Festival, das größte Südafrikas übrigens. Und Grahamstown lag auf dem Weg, das bot sich fürs Urlaubs-Einstiegs-Wochenende also optimal an. Blöd nur, dass wir natürlich nix gebucht hatten und der Backpacker mit Horden von kulturgierigen Menschen überfüllt war. Weil Grahamstown in den Bergen liegt und derzeit mit kuscheligen Nachttemperaturen um die Gefriergrenze lockt, war das durchaus ein Problem. Weil aber gleichzeitig Festival war, konnte man diese Misslichkeit auch erstmal hinter ein paar Kaltgetränken verstecken, denn schließlich ist hier immer noch Afrika und da klappt immer alles irgendwie. Letztendlich haben wir also ziemlich zerschossen auf dem Zimmerfußboden einer Freundin genächtigt, die mit dem Kapstädter Orchester vor Ort war – und das, weil es so schön war, gleich für zwei Nächte. Der zweite Abend hielt dann noch einige ganz brauchbare Bands parat, darunter eine Ska-Kapelle deren circa 120 Kilogramm schwerer Sänger beim Umherspringen mit einem Bein durch die Spannholzplattenbühne gekracht ist. Nach kurzer Behandlungspause, um den Blutverlust wenigstens etwas einzudämmen, hat der Junge das Konzert trotzdem bravourös zu Ende gespielt und sich damit meiner Meinung nach für eine Death-Metal-Band empfohlen. Doch das nur am Rande.



Reisend ging es weiter nach Cintsa, wo wir einige Nächte hoch oben über einer Lagunenmündung residierten und tagsüber zu Fuß und per Kanu die Umgebung erkundeten. Am Ende unserer Paddeltour, die Hannah nicht zu Unrecht etwas an „Heart of Darkness“ erinnert hat, weil man so gar keinen Plan hatte, was hinter der Uferböschung kommt und dazu irgendwo Musik aus der Ferne erschallte, ereignete sich dann die obskurste Begegnung meines bisherigen Südafrikaaufenthalts. Während ich das Kanu routiniert wie immer mit kraftvollen Ruderschlägen gen Ufer trieb (Das ist noch nicht der Haupt-Witz.), brachte sich eine Schar von circa zehn Fotografen in Stellung, um uns massiv ins Visier zu nehmen. Nun war mein letztes Young-Chiefs-Spiel zwar tatsächlich erfolggekrönt, so ganz erklären konnten wir uns die Paparazzi-Brigade aber trotzdem nicht. Nachfragen half und siehe da, die jungen Damen und Herren waren Mitglieder eines US-amerikanischen Fotographie-Zirkels und zum Missionieren nach Afrika gekommen. Bilder von Hannah und mir im Boot im Sonnenuntergang sollen dann vermutlich bald dazu herhalten, Menschen das Christentum näher zu bringen. Eine phantastische Vorstellung für einen Menschen, dessen religiöseste Ausschweifung der eigene Vorname ist. Doch halten wir uns damit nicht auf, denn viel interessanter ist die Frage, welche Menschen die weit gereisten jungen Foto-Freunde mit ihrer Sicht der Welt beglücken wollen. In ländliche Regionen wolle ihre Gruppe morgen weiter reisen, sprudelt es aus der von uns inquisitorisch Ausgefragten heraus, in ein Dorf dorthin, wo es noch nicht einmal fließendes Wasser dafür aber, Achtung Zitat, „Stämme“ gibt. In ihren Augen erleuchtete förmlich das Bild des in Ledershorts und Holzsandalen mit Speer um ein Lagerfeuer hüpfenden Afrikaners, der gefangen in rückständiger, heidnischer Spiritualität nun endlich auf den richtigen Weg zum richtigen Gott gebracht werden muss. Wie das Dorf, in dem sie am Folgetag die Menschen bekehren wollte, hieß, wusste die Dame nicht, aber das ist ja vermutlich auch nicht so wichtig, da der Name wahrscheinlich eh irgendeiner Stammessprache entspringt. Hölle, wenn ich mir überlege, wie vielen Kindern man mit den Reisekosten dieser verblendeten Supermissionare die Schulausbildung finanzieren könnte, dreht sich mir der Magen um.







Wir sind am nächsten Tag nach Bulungula, einem kleinen Dorf in der Transkei weitergereist. Dort gibt es ein Backpacker, das zu 40 Prozent der Dorfgemeinschaft gehört. Aus deren Reihen kommen auch die Guides, die Kanutouren, Wanderungen mit dem Kräutersammler, Fischzüge oder Reitausflüge anbieten und sich so ihr täglich Brot verdienen. Die Initiatoren des Backpackers unterstützen außerdem die örtliche Schule und achten darauf, dass die Menschen im Dorf vom Tourismus aktiv profitieren. Das hat den genialen Nebeneffekt, dass kein Neid aufkommt, niemand bettelt und Kriminalität ein Fremdwort ist. Das alles an einem Stück traumhafter Küste und einem warmen Meer mit schier unglaublichen Hummervorkommen.







Da war ich wohl nicht zum letzen Mal. Der Link zum Backpacker lohnt sich übrigens.