Ich trete aus meinem Versteck hinterm Laptop hervor und benutze selbigen als Bildschmeißbasis, um mit Hilfe eines Beamers die Wernigeröder Remise zu rocken.
Tjaja, die Harzer Volksstimme hat es bereits vermeldet und es stimmt tatsächlich:
Am Donnerstag, 19. November, werde ich ab 19.30 Uhr mit einem Bildervortrag unter dem Motto "Im Township zu Hause" einen Südafrika-Bericht fern ab von Löwen und Elefanten präsentieren.
Wer wohnt eigentlich im Township und warum und warum wohnte ich dort? Ja, und wie isses so...? Wer sich dafür interessiert, ist herzlich eingeladen, in Wernigerode aufzuschlagen. Der Eintritt ist frei.
Mittwoch, 18. November 2009
Mittwoch, 4. November 2009
Von Dämonen am Schreiben gehindert?
Der Kulturschock kam zum Schluss. Er kam doppelt und war damit so heftig, dass ich erst jetzt, sieben Wochen nach meiner temporären Rückkehr nach Deutschland, wieder darüber schreiben kann. Doch von vorne.
Es war ein durchschnittlich warmer und bewölkter Tag in Port Elizabeth. Der letzte Mittwoch meines Freiwilligenjahres bei Masifunde und damit auch das letzte Mal Schülermagazintreffen mit den jungen Reportern von Walmer’s Own, dem Schülermagazin der Walmer High School bei uns im Township. Die erste Ausgabe sollte an diesem Tag fertig mit dem letzten Feinschliff vollendet werden, außerdem wollten wir die Nummer 2 planen. (Soviel vorweg, Ausgabe 1 ist inzwischen fertig und auch bereits sehr erfolgreich verkauft. Sobald die digitale Version online steht werde ich den Link nachreichen und bei Interesse reiche ich auch gerne noch einen Eintrag zu diesem noch relativ jungen, aber sehr viel versprechenden Projekt nach.)
Als meine Mitstreiter Balisa, Sören und ich zur Schule kamen, waren wir zunächst überrascht, kaum noch Schüler, dafür aber die Polizei dort zu sehen. Den Grund erfuhren wir rasch. Dämonen haben von einigen Schülern Besitz ergriffen, weshalb der Schuldirektor rasch alle seine noch unversehrten Schützlinge – die „Kinder“ an einer Highschool sind so zwischen 13 und 20 Jahren alt – nach Hause schickte und sodann Polizei und einen traditionellen Heiler zur Hilfe rief. Es überrascht nicht, dass die südafrikanische Polizei den Fall nicht lösen konnte. Der Heiler vollbrachte es unter Zuhilfenahme eines Elixiers von Jahrtausende alter Tradition, einem mystischen Saft, einer Wunderlösung – oder kurz: mit einer Flasche Cola – dann aber allem Anschein nach doch, die Dämonen auszutreiben. Zu allem Überfluss spielte sich das Drama auch noch in dem Raum ab, in dem wir normalerweise unsere Redaktionssitzungen abhalten, weswegen ein Großteil der jugendlichen Redakteure schon geflohen oder vom Direktor vertrieben worden waren. Uns war es aus Sicherheitsgründen natürlich auch nicht möglich, das unheilvolle Zimmer zu betreten, weshalb ich über die genaueren Umstände der Geisteraustreibung hier auch keine Angaben machen kann. Auch ist nicht sicher überliefert, wie sich die Dämonisierung der Kinder ausdrückte, sie sollen sich aber wohl seltsam benommen haben. Balisa, eine studierte und unheimlich intelligente junge Frau, die ich sehr schätze, hat selbst großen Respekt vor Dämonen, weswegen ich mich nicht einmal entsprechend über die ganze Geschichte lustig machen konnte. Ich tröstete mich also damit, dass Menschen in meinem Kulturkreis Statuen von Frauen anbeten, weil sie glauben, dass die Statue mal geweint hat.
Um den Schock zu verarbeiten und zu anderen Zwecken, begab ich mich abends in eine Bar am Meer. Dort kam es dann noch dicker. Ein Mann mit Gitarre stand auf einer kleinen Bühne vorm Mikrofon. Neben sich hatte er einen Laptop aufgebaut, der einen grässlichen Bass und ein noch grässlicheres Schlagzeug imitierte, genau in der Art und Weise, dass der Mann mit Gitarre dazu Schmuse- und Kuschelrockhits von Größen wie Brian Adams und Noch-Nicht-Ganz-So-Größen wie den Plain White T’s singen konnte. Diese Art der halbelektronischen Akustik-Musik, die dann aus wummerden Boxen den Saal beschallt, soll wohl in Port Elizabeth, einer auch ansonsten dem kulturellen Banausentum sehr zugewandten Metropole, inzwischen recht weit verbreitet sein. Ich hatte es noch nicht gesehen und möchte auch nicht noch einmal. Noch tragischer als die Inszenierung auf der Bühne war allerdings das Schauspiel davor. In der Mehrzahl dickliche, ausschließlich weiße Männer jüngeren und mittleren Alters, reckten in einer nahezu durchchoreografierten Rhythmik und Bier getränkter Glückseeligkeit Maßkrüge in die Luft, um aus voller Kehle Klassiker von Boyzone und Co mitzugröhlen.
Fünf Tage später verließ ich das Land.
PS: Weil ich keine thematisch passenden Illustrierungen habe und ja auch irgendwie rechtfertigen muss, warum ich bald wieder zurück fliege, füge ich mal einfach noch ein paar Bilder vom Abschiedsgrillen am Meer an.
Es war ein durchschnittlich warmer und bewölkter Tag in Port Elizabeth. Der letzte Mittwoch meines Freiwilligenjahres bei Masifunde und damit auch das letzte Mal Schülermagazintreffen mit den jungen Reportern von Walmer’s Own, dem Schülermagazin der Walmer High School bei uns im Township. Die erste Ausgabe sollte an diesem Tag fertig mit dem letzten Feinschliff vollendet werden, außerdem wollten wir die Nummer 2 planen. (Soviel vorweg, Ausgabe 1 ist inzwischen fertig und auch bereits sehr erfolgreich verkauft. Sobald die digitale Version online steht werde ich den Link nachreichen und bei Interesse reiche ich auch gerne noch einen Eintrag zu diesem noch relativ jungen, aber sehr viel versprechenden Projekt nach.)
Als meine Mitstreiter Balisa, Sören und ich zur Schule kamen, waren wir zunächst überrascht, kaum noch Schüler, dafür aber die Polizei dort zu sehen. Den Grund erfuhren wir rasch. Dämonen haben von einigen Schülern Besitz ergriffen, weshalb der Schuldirektor rasch alle seine noch unversehrten Schützlinge – die „Kinder“ an einer Highschool sind so zwischen 13 und 20 Jahren alt – nach Hause schickte und sodann Polizei und einen traditionellen Heiler zur Hilfe rief. Es überrascht nicht, dass die südafrikanische Polizei den Fall nicht lösen konnte. Der Heiler vollbrachte es unter Zuhilfenahme eines Elixiers von Jahrtausende alter Tradition, einem mystischen Saft, einer Wunderlösung – oder kurz: mit einer Flasche Cola – dann aber allem Anschein nach doch, die Dämonen auszutreiben. Zu allem Überfluss spielte sich das Drama auch noch in dem Raum ab, in dem wir normalerweise unsere Redaktionssitzungen abhalten, weswegen ein Großteil der jugendlichen Redakteure schon geflohen oder vom Direktor vertrieben worden waren. Uns war es aus Sicherheitsgründen natürlich auch nicht möglich, das unheilvolle Zimmer zu betreten, weshalb ich über die genaueren Umstände der Geisteraustreibung hier auch keine Angaben machen kann. Auch ist nicht sicher überliefert, wie sich die Dämonisierung der Kinder ausdrückte, sie sollen sich aber wohl seltsam benommen haben. Balisa, eine studierte und unheimlich intelligente junge Frau, die ich sehr schätze, hat selbst großen Respekt vor Dämonen, weswegen ich mich nicht einmal entsprechend über die ganze Geschichte lustig machen konnte. Ich tröstete mich also damit, dass Menschen in meinem Kulturkreis Statuen von Frauen anbeten, weil sie glauben, dass die Statue mal geweint hat.
Um den Schock zu verarbeiten und zu anderen Zwecken, begab ich mich abends in eine Bar am Meer. Dort kam es dann noch dicker. Ein Mann mit Gitarre stand auf einer kleinen Bühne vorm Mikrofon. Neben sich hatte er einen Laptop aufgebaut, der einen grässlichen Bass und ein noch grässlicheres Schlagzeug imitierte, genau in der Art und Weise, dass der Mann mit Gitarre dazu Schmuse- und Kuschelrockhits von Größen wie Brian Adams und Noch-Nicht-Ganz-So-Größen wie den Plain White T’s singen konnte. Diese Art der halbelektronischen Akustik-Musik, die dann aus wummerden Boxen den Saal beschallt, soll wohl in Port Elizabeth, einer auch ansonsten dem kulturellen Banausentum sehr zugewandten Metropole, inzwischen recht weit verbreitet sein. Ich hatte es noch nicht gesehen und möchte auch nicht noch einmal. Noch tragischer als die Inszenierung auf der Bühne war allerdings das Schauspiel davor. In der Mehrzahl dickliche, ausschließlich weiße Männer jüngeren und mittleren Alters, reckten in einer nahezu durchchoreografierten Rhythmik und Bier getränkter Glückseeligkeit Maßkrüge in die Luft, um aus voller Kehle Klassiker von Boyzone und Co mitzugröhlen.
Fünf Tage später verließ ich das Land.
PS: Weil ich keine thematisch passenden Illustrierungen habe und ja auch irgendwie rechtfertigen muss, warum ich bald wieder zurück fliege, füge ich mal einfach noch ein paar Bilder vom Abschiedsgrillen am Meer an.
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