Donnerstag, 11. Dezember 2008

Großbaustelle

Erneut leite ich euch um. Weil wir mit unseren Kids gerade als fleißige Piraten im Summer Camp sind und ich meine freien Sekunden an einer Hand abzählen kann, gibt es hier natürlich nichts Neues. Dafür aber - wenn es die Zeit erlaubt - täglich einen Tagebucheintrag auf der Masifunde-Homepage.

Samstag, 6. Dezember 2008

Wort zum Samstag

Nun gut, andere Länder, anderer Humor. Aber ob folgender Spruch, der Einreisende aus Mosambik direkt hinter der Grenze zu Südafrika grüßt, nach den fremdenfeindlichen Exzessen zu Beginn des Jahres noch so angebracht ist, lasse ich mal dahingestellt.

Auf einem großen Plakat grinsen dem Betrachter dort eine Reihe Polizisten und Polizistinnen mit verschränkten Armen an – garniert von dem Satz: „Obey the rules or face the fire!“

Ich weiß ja nicht…

Donnerstag, 4. Dezember 2008

Jeden Tag eine neue Kontrolle



Kennt von euch, verehrte Leserschaft, jemand Arusha? Ich bin mir ziemlich sicher, dass Björn und Martin diese Stadt am Fuße des Kilimandscharo bis zu jenem Freitag unserer Reise auch nicht kannten. Das sollte sich aber recht bald ändern, denn die beiden wurden von der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ), bei der sie ihre Diplomarbeit schreiben, genau dorthin beordert. Damit endete unsere gemeinsame Reise am Sonntagmorgen in Maputo. Doch dahin mussten wir ja erstmal kommen.

Die erste Hürde, die es auf dem Weg zu nehmen galt, war die rechtzeitige Organisation eines neuen Reifens. Mir hatte nämlich im Krüger Park ein Monsterkrokodil in den Schlappen hinten links gebissen, sodass der Luftdruck im Reifen sich fortan mit dem der Außenluft veränderte. Die Aktion hatte übrigens auch was Abenteuerliches, da ich zu dem Zeitpunkt, als ich den Platten bemerkte, noch zehn Kilometer vom nächsten Camp entfernt war. Da mal eben aussteigen und ein bisschen mit Wagenheber und Ersatzrad basteln aufgrund des üppigen Wildbestands im Park nicht die allerbeste Idee ist, musste ich wohl oder übel auf der Felge weiterfahren, was die Optik der Gummierung doch ziemlich in Mitleidenschaft zog. Ich musste jedenfalls erstmal massiv Erdreich herausschütteln, ehe ich das ramponierte Stück im Kofferraum verstauen konnte.

Das Problem an der Sache: Weil der Autovermieter in Mosambik keine Filialen hat, mussten wir den neuen Reifen noch in Südafrika holen – an einem Freitagnachmittag. Auf dem Programm stand also mal wieder eine saubere Telefonaktion und anschließend eine Höllenfahrt, um das Runde kurz nach 19 Uhr doch noch ans Eckige montieren lassen zu können. Im Schweinsgalopp ging es dann weiter zur Grenze, weil wir Scherzkekse in dem Glauben waren, dass diese um 21 Uhr dicht mache. Um 21.07 Uhr stellten wir fest, dass dem nicht so ist. Die Steine, die uns vom Herz fielen, mussten wir aber sogleich zu Schotter zerstampfen, um damit allerhand Versicherungen für das bereits versicherte Auto, Beschleunigungsgebühren, Schleuserhonorare und Visumsstempelbenutzungspauschalen zu begleichen.

Monetär erleichtert passierten wir gegen 22.30 Uhr die Grenze und atmeten fortan mosambikanische Luft. In der Folge schrammten wir dann mehrfach knapp daran vorbei, diese Luft gesiebt zu atmen, weil uns mehrere Polizei-Bedienstete für so schwerwiegende Verbrechen wie „Verdeckte Einbahnstraße in ruhigem, verlassenen Viertel gegen 0 Uhr für 50 Meter versehentlich in falscher Richtung befahren“, „Pass im Hotel liegen lassen“ oder „27. Formblatt zur temporären Einfuhr von Personenkraftwagen nicht mitgeführt“ einen Aufenthalt in ihren heiligen Hallen offerierten. Wir schlugen nicht ein, mussten aber zumindest für die Einbahnstraße doch noch mal die Schatulle öffnen. Die meisten mosambikanischen Polizisten sind aber große Umweltschützer und honorieren es mit frappierenden Rabatten, wenn man – ganz Baumfreund – auf papierne Quittungen verzichtet. Scheine nimmt die Mehrzahl aber gern entgegen, weshalb die Jungs eine sehr engagierte Arbeitsweise an den Tag legen und im Rahmen von Kampagnen „zur Stärkung der Verkehrssicherheit“ auch gerne die Rostlauben fahren lassen und dafür den gepflegten Mietwagen auf Funktion von Handbremse und Warnblinkanlage überprüfen. Insgesamt waren in den ersten 24 Stunden Mosambik neun Polizeikontrollen um unser Wohl besorgt, sieben davon auch ausgesprochen direkt um ihr eigenes finanzielles.

Ein Londoner, den ich später im Backpacker traf, hatte sogar das Vergnügen, dass er – bei mangelnder Zahlungsbereitschaft – dafür aufs Revier verschleppt werden sollte, dass er beim Erstellen eines Gebäude-Fotos irgendwo zwischen zwei Sonnenschirmen im äußersten Bildwinkel ein kleines Stück Polizeihemd fotografiert hat. Ein schweres Vergehen, wie sich versteht. Er konnte die netten Herren dann aber damit verblüffen, dass er sich von ihrem Vorschlag völlig positiv überrascht zeigte und ihnen mitteilte, dass er schon immer mal eine mosambikanische Polizeibehörde von innen sehen wollte. Daraufhin ließen sie von ihm ab. Ich habe da natürlich große Scheu, weswegen ich nur Bäume und niemals Verkehrspolizisten auf Schmiergeldfang fotografiere.

"Hmm, kein Vergehen gefunden, aber hast du nicht vielleicht etwas Geld für einen Drink für mich?" - "Ähm, warte, ähm: NEIN!" - "Aber das kannst du doch nicht machen, wir wollen doch auch morgen noch Freunde sein, oder?" (Original-Dialog zwischen mir und einem "Ordnungshüter")

Bei all den Beschreibungen des Polizeiterrors soll die positive Seite Mosambiks aber auch nicht völlig untergehen. Die fünf Tage, die ich insgesamt im Land war, hatten da nämlich auch einiges zu bieten. So reisten wir mit einer gewagt überladenen Auto-, Traktor- und Wohnmobilfähre auf eine Lagunenhalbinsel, die uns nach einem kilometerlangen Auto-Cross-Ritt durch eine mit „Huckelpiste“ noch beschönigend beschriebene Hügel- und Schlammtrasse mit einem relativ einsamen, Sandstrand am indischen Ozean belohnte. Hauptaktivitäten an diesem Ort ohne Uhr: Sonnen, Wellen anspringen und Krabben erschrecken. Ein Fischer meinte jedoch, dass man die nicht essen kann. Diese Aussage hat vermutlich einige Leben gerettet.

Schnell die Füße paniert und dann rein ins Strandvergnügen

Jetzt ein Zelt und ein Lagerfeuer...

Meerestiere gab es dann trotzdem zum Abendessen. Zum vorläufigen Abschluss der gemeinsamen Tour besuchten wir den Fischmarkt, der immer noch ein Hingucker inzwischen allerdings aber auch sehr touristisch geworden ist. Nachdem Garnelen, Muscheln und Fische in unseren Mägen eine neue Heimat gefunden hatten, haben Björn und ich noch das Nachtleben Maputos wissenschaftlich untersucht. Wir kamen zu einem positiven Ergebnis und regen weitere, fortführende Forschungsprojekte an.

Die Jungs gingen am nächsten Morgen in die Luft, ich ins Backpacker. Ich zeltete unter einem Mangobaum auf dem Flachdach eines der Backpacker-Gebäude mitten im Herzen Maputos und ging tags darauf mit dem Londoner und einem Afrikaaner, der unter anderem eine Nussfarm in Nord-Mosambik bewirtschaftet und uns somit einiges über die Bewirtschaftung von Macadamia-Plantagen erzählen konnte, auf eine Rundreise durch die wirklich ausgesprochen ländliche Region südlich von Maputo und bestaunte Hüttendörfer und endlose Buschlandschaften. Dabei kamen wir auch in einen kleinen Ort mitten im nichts, den irgendein großer Planer vor langer Zeit mal als perfekte Kopie eines typischen deutschen Seebads angelegt hat. Zwischen all den halb verfallenen Häusern fanden wir dann sogar noch eine topmoderne Lodge, wo wir gut und günstig speisten. Auffallend war in diesem schönen Örtchen auch der hochgradig künstlerische Umgang mit dem Thema HIV/Aids. Aber bitte nicht nachmachen, liebe Kinder!

Schon blöd, wenn man sich jeden Morgen an Mangos den Kopf stößt...

Ein Platz wäre noch frei...

Nach Französisch und Italienisch heute: Mosambikanisch!

Abschließend spazierte ich zum letzen Tag kreuz und quer durch die zumeist nach guten und bösen sozialistischen Politikern benannten und immer wieder mit Obst- und Gemüseständen flankierten Straßen der Hauptstadt, wobei ich im Rücken des Freiheitskämpfers und Ex-Präsidenten Samora Machel, der an der für afrikanische Politiker nicht unbedingt ungewöhnlichen Todesursache Flugzeugabsturz verstarb, einen mir bisher unbekannten Park entdeckte. Dieses Biotop inmitten des Großstadtdschungels war wohl einmal ein botanischer Garten, inzwischen haben aber die Pflanzen selbst die Gestaltung übernommen. Im Sonnenlicht des späten Nachmittags hat das schon was, in dem Moment wäre ich gern einfach geblieben.

Da ist der Einkauf im Vorübergehen erledigt.


Allee-Bäume einmal anders.

Verweile doch!

Das ging aber nicht, denn am nächsten Morgen stand die Rückreise an, um ausnahmsweise mal ohne Stress und Zeitnot zu fahren und tags darauf in Johannesburg ein Wiedersehen mit meinen Reisekollegen zu feiern. Ich denke, ich nehme nicht zu viel Spannung aus der Geschichte, wenn ich schon einmal andeute, dass natürlich wieder alles anders lief. Doch dazu mehr im Schlussteil des Reiseberichts.

Mittwoch, 3. Dezember 2008

Jeden Tag ein neuer Plan



So gut wie die vergangene hatte ich wohl seit langem keine Reise geplant. Ich musste nicht einmal zum Flughafen hetzen, weil ich mit dem Rucksackpacken schon zehn Minuten vor Abfahrt fertig war – das entspricht bei mir ungefähr fünf Sekunden Vorsprung beim Hundertmeterlauf. Ich hatte Übernachtungen gebucht, Anfahrtsrouten ausgedruckt, ja selbst die Führung im Krüger Nationalpark war schon terminiert, lokalisiert und obendrein sogar bezahlt. Im Nachhinein weiß ich, was eine so detailgetreue Reiseplanung bringt: In Afrika nämlich gar nichts! Die Reise lief, sie lief gut, aber eben nie nach Plan. Doch der Reihe nach, in Kapiteln, fein bebildert und gegliedert:

Mein Rucksack war unter den Top Ten der Gepäckstücke, die am Oliver Tambo International Airport in Johannesburg auf dem Laufband ihren Herrchen und Frauchen entgegen fuhren. Nur Minuten später waren auch meine Reise-Kollegen Björn und Martin zur Stelle und ab ging die Post in einem City Golf (das ist eine Art Golf I mit neuem Motor, der hier immer noch gebaut wird), zu dessen Odoeur zu sagen ist, dass wir anfangs über den Erwerb eines Fisches nachdachten. Der hätte nach drei Tagen in der Sonne nämlich wenigstens eine kleine Chance gehabt, den widerlichen Gestank nach alten Socken in diesem Mietfahrzeug in den Hintergrund zu stellen. Doch keine Angst liebe Tierschützer, der Fisch schwimmt noch immer wie ein Revolutionär im Wasser, denn der Mensch gewöhnt sich ja auch so an alles. Die Ursache des Gestanks haben allerdings auch die wirklich eifrigen mosambikanischen Polizisten nicht ausfindig machen können. Wobei ich denen unterstelle, dem üblen Geruch auch gar nicht nachgegangen zu sein, schließlich stinkt Geld ja nicht. Doch dazu später mehr, vorerst zurück auf die Straße.

Mangels effektiven Kartenmaterials haben wir uns zunächst üppig in Pretoria verfranst, wo wir eigentlich gar nicht hingemusst hätten, somit aber Björn genügend Zeit in funknetzhaltiger Luft gegeben, um unseren Trip in den Krüger den veränderten Gegebenheiten anzupassen. Die Nacht in Johannesburg musste nämlich weichen, weil meine Reisebrüder ganz spontan eine internationale Wasserkonferenz in der Nähe des Krüger-Parks besuchen durften und ob der Wichtigkeit der dort anwesenden Wasserpolitiker auch wollten. Die beiden schreiben in dem Feld nämlich gerade in Gaborone, Botswana, ihre Diplomarbeit. Nach endlosen Telefonaten mit den verschiedensten, meist nicht zuständigen Menschen war gegen 16.30 Uhr klar: Wir fahren direkt in den Krüger. Das Blöde daran: Wir hatten nur noch viereinhalb Stunden Zeit bis Tor-Schluss um 21 Uhr. Nach einer primär vom Sicherheitsgedanken geprägten, aber doch zielstrebigen, ja wenn nicht gar sportlichen Tour durch Regen, Nebel, Stau und Dunkelheit, erreichten wir das Tor des Krüger Nationalparks im Stile eines guten Sprungpferdes um 20.59 Uhr.

Die Nacht war so knapp geplant wie die Reise und um 3.30 Uhr ging es hoch zur Morgenwanderung. In konstantem Nieselregen bewunderten wir gigantische Schnecken, Revier beschreibende Nashorn-Toiletten und sagenumwobene Giftpilze, ehe dem zu dieser Zeit noch aktiv teilnehmenden Ranger auffiel, dass er des Prasselns des Niesels wegen die längst herbei schleichenden Raubtiere womöglich zu spät hören könnte, weshalb er die Tour abbrechen musste. Jetzt allein aus der Tatsache, dass das Ranger-Duo erstmal telefonisch aus dem Schlaf geklingelt werden musste, um mit halbstündiger Verspätung überhaupt ins Abenteuer Wildnis zu starten und der ungewohnten Eigenart des zweiten Rangers, mit grimmiger Mimik immer mindestens 50 Meter vorweg zu stapfen, eine Verschwörung zu konstruieren, dass die Jungs einfach keinen Bock hatten, liegt mir natürlich völlig fern. Ich habe mir dann auf der Flucht aus der Regen-Hölle des Löwen noch ein paar Fragen zu Vögeln und Termiten erlaubt, sodass wir immerhin noch erfuhren, dass es Ameisen gibt, die fünfzig bis sechzig Meter tiefe Gänge graben, und dass nach Honig lechzende Vögel Menschen zu Bienenstöcken führen, allerdings nur solange, wie sie auch einen Teil der Beute bekommen, da sie ansonsten die Zweibeiner direkt in die Fänge einer Schwarzen Mamba treiben. Nun will ich auch hier die Kompetenz des Rangers nicht in Frage stellen, gebe aber zu bedenken, dass der Unterhaltungswert dieser Informationen über ihrem Wahrheitsgehalt liegen könnte. Größere Wildtiere sprangen uns dann nicht mehr unter die Augen, lediglich eine Gruppe Hyänen zeigte sich in der Ferne, suchte aber nicht uns sondern das Weite.


"...und dann schwebt der Vogel so zum Angriff heran, ehe ein riesiger Dämon, besessen vom Rausch der Pilze..."

Weite zu finden, ist im Krüger Park allerdings nicht schwer, wie uns bei unserer anschließenden Tour durch die endlose Buschlandschaft des Nationalparks mit der Fläche Belgiens auffiel. Etliche Tiere stellten sich dabei zum Portrait vor, hier die Gewinner des Castings:


Punkrock!


Tööööröööööh!


Wenn schon kein Leopard, dann wenigstens eine Leopardenschildkröte...


Hier tigert eine Löwin.


Beweglicher Stein mit Augen


Ich wollte schon immer wissen, was das Gegenteil von "Köpfe zusammenstecken" ist...

Einer der "Dead Five"


Gibt's auch in lebend.


Die Wasserböcke gucken nach Wasser.


Diese Kollegen wiederum gucken nach Wasserböcken, die kein Wasser gefunden haben...

Nachdem ich meine Konferenz-Teilnehmer abgeladen hatte, verblieb ich noch zwei Tage im Krüger, sah Löwen, hörte des Nachts vom Zelt aus Löwen beim Machen neuer Löwen und grillte Teile einer Kuh. Bei einem meiner Ausritte begegnete ich, auch ganz ohne irgendwie mit dem Honig-Vogel verhandelt zu haben, einer Schwarzen Mamba. Die schlaue Schlange schlängelte sich direkt vor meinem Käsefuß-Wagen auf die Straße und überlebte nur dank meiner schlagartig eingeleiteten Vollbremsung. Die Räder kamen dabei vor der Schlange zu stehen, nicht jedoch der Motorraum, der geschätzt über ihr war, was die Schlange zwar beruhigt haben dürfte, auf mich aber eher gegenteilig wirkte. Das Tier tauchte jedoch recht bald neben mir im Gras auf, was ich fair fand. So sind sie halt, die Schlangen.

Irgendwo unterwegs in einem Camp fiel mir dann auch noch eine Broschüre in die Hand, die den „Fünften Wildhund und dritten Geparden Foto-Wettbewerb“ anpries. Als Freund wilder Hunde und schneller Katzen griff ich natürlich zu und fand mich dann am letzten Morgen im Park tatsächlich inmitten von drei der letzten 350 Wildhunde des Parks wieder, die gerade an den Beinen einer Antilope herumkauten. Mit etwas Glück winkt mir jetzt also ein weiteres Wochenende in einer Edel-Lodge im Krüger Park. Ohne die Teilnahmebedingungen studiert zu haben, präsentiere ich Euch, verehrte Leserschaft, hier bereits eine Vorabveröffentlichung des mutmaßlichen Sieger-Fotos.


Schön lächeln, kleiner Wauwau!

Auf dem Weg zurück aus dem Park konnte auch ich dann noch einem afrikanischen Wasserkonflikt beiwohnen, der jedoch sehr diplomatisch beigelegt wurde. Beide Kontrahenten zeigten sich da wenig dünnhäutig, was ich von den zweibeinigen Wasserpolitikern nicht weiß, aber auch nicht annehme. Zu denen fuhr ich dann, um meine Freunde einzusammeln und die neuesten Reiseplan-Änderungen zu erfahren. Näheres dazu gibt es morgen, hier nun noch zur guten Nacht die Bebilderung des Streits ums edle Nass. Ich habe die Elefanten den Pinguinen vorgezogen, zumal ich die nicht um Erlaubnis fragen musste.

Dienstag, 18. November 2008

Reisen und Speisen



Totenstille wird bald herrschen auf diesem Blog. Für die nächsten knapp zwei Wochen werde ich mich nämlich auf Reisen begeben und wenn es da nicht Internet und Langeweile regnet, wird von mir in der Zeit nichts zu hören sein. Danach dann aber versprochen und auf den Inhalt möchte ich euch auch schon mal anspitzen:

Es handelt sich nämlich nicht um eine gewöhnliche Urlaubsreise, die ich anpeile. Der Start wird noch simpel, ich steige in ein Flugzeug, hebe ab, versuche dabei aber auf dem Teppich zu bleiben und lande in Johannesburg wieder auf dem Boden der Tatsachen. Da die Tatsachen in Johannesburg so oft mit Taten zu tun haben, die kein Mensch miterleben will, werde ich Gangsters Paradise direkt nach meiner Landung gleich wieder verlassen. Ein Björn (DER Björn) wird kommen, ein Auto und den mir momentan noch unbekannten Martin dabei haben und mich sogleich verladen. In einem Rutsch geht’s dann nach Nelspruit, der Stadt vor den Toren des Krüger Nationalparks. Den werden wir dann am nächsten Morgen stürmen, dort Quartier beziehen, mit Elefanten flirten und mit Hyänen schmausen, ehe meine beiden Reisegefährten mich für einen Tag verlassen und zu einer Konferenz der Wasserminister Südafrikas, Botswanas, Zimbabwes und Mozambiques aufbrechen.



Die ist praktischer Weise auch in direkter Umgebung des Krügers, weshalb wir unsere Kräfte dann schon bald wieder bündeln und nach Mozambique aufbrechen.



In der Hauptstadt Maputo stehen dann weitere spannende Gespräche mit Botschaftern, Entwicklungsdienstlern und Journalisten an, gleiches gilt für das nächste Reiseziel, Swasiland. Dort treffen wir sogar den königlichen Wasserminister. Das aus meiner Sicht Gute an all diesen Treffen ist, dass ich Ihnen beiwohnen kann. Thema wird immer die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in der Wasserpolitik des südlichen Afrikas sein, darüber schreiben Björn und Martin nämlich gerade ihre Diplomarbeit. Schlau wie Oskar, hoffentlich etwas brauner als jetzt und mit dem guten Gefühl mal wieder den Fischmarkt in Maputo besucht zu haben, fahre ich dann mit den beiden zurück nach Pretoria, wo sich unsere Wege schließlich trennen.



Für die Jungs geht’s dann noch nach Johannesburg zu weiteren Gesprächen, ich streife die Stadt des Goldes nur kurz, während ich mich per Überland-Bus auf den Weg nach Kimberley mache. Dort besuche ich mit dem Straßenkinder-Heim Thusong ein anderes SAGE-Net-Projekt und die dazugehörigen Freiwilligen, die ich noch vom Vorbereitungsseminar kenne. Ein langes Wochenende habe ich Zeit um mir die Sehenswürdigkeiten der Stadt (zwei große Löcher, die Spuren der Diamantenjagd sind) und einfach mal Besucher zu sein. Naja, ganz Besucher bin ich dann doch nicht, ein Bisschen was schreiben werde ich wohl auch noch, man soll ja weder rasten noch rosten. Apropos rosten: Per Mini-Taxi und Bus geht’s dann wieder nach Port Elizabeth, wo ich am frühen Morgen des 1. Dezembers dann hoffentlich ausgeschlafen und wohl behalten ankomme. Aber wie gesagt, ich werde berichten.

Das war der Reisen-Teil, nun zum Speisen. Auch wenn es kaum jemand für möglich hält, es geht mir dieses Mal nicht um mein eigenes Essen. Ich erwähnte ja bereits in einem der früheren Einträge, dass ich in letzter Zeit ziemlich viele Supermärkte mit der Bitte um Essensspenden für unser Summer Camp besucht habe. Dabei sind auch einige Zusagen herausgekommen, nur wissen wir leider nicht, wie viel Essen das dann tatsächlich wird. Außerdem sieht es bei den Materialien für die Workshops auch noch ziemlich mau aus und das Zeltplatzteam arbeitet natürlich auch nicht für einen warmen Händedruck. Ergo: Wir brauchen liquide Mittel, um uns mit dem Camp nicht doch noch ein Loch in den Etat zu reißen, beziehungsweise, um dafür zu sorgen, dass die Kinder ihren einzigen Urlaub im Jahr nicht auf totaler Sparflamme verbringen müssen. Daher dachte ich mir, ich haue euch mal an, ob ihr nicht nochmal in der Spardose nach dem einen oder anderen Taler suchen könnt. Macht „Saufen-für-Südafrika“-Partys, zieht den Hütchen-Spieler von nebenan mal richtig über den Teller oder verkauft endlich Herrn Vranjes – was auch immer Kohle bringt, erntet großen Dank. Wer dafür ist, spende seine gesammelten Werke, und wenn es sich dabei nur um einen Tacken pro Nase handelt, an:

Spendenkonto Masifunde Patenschaften e.V.
Kontonummer 160 585 6
Bankleitzahl 509 500 68
Sparkasse Bensheim.

Schreibt in den Betreff einfach „Summer Camp“ und ich sage euch dann, ob wir im Stande waren, uns ne richtig gute Zeit zu machen. Verdient hätten es die Kleinen nämlich mal.
Steuerzahlende Musterbürger können übrigens auch eine Quittung erfragen und damit die alljährliche Zahlung ans Finanzamt reduzieren. Die Frage, wo das Geld besser aufgehoben ist, lasse ich an dieser Stelle mal offen, garantiere noch, dass ich die Spendenverwendung persönlich überwachen werde und verabschiede mich zum Kofferpacken. Bis bald!



PS: Falls sich jemand fragte, woher die Bilder schon vor der Reise kamen: Archiv 2006…

Sonntag, 9. November 2008

Keine Rettung

Die nun folgende Geschichte verleitete meinen Fußball-Trainer Bailey dazu, sich ungefähr dreißig Sekunden lang laut lachend mit gehaltenem Bauch wie ein Welpe im Gras zu wälzen. Diese letzte Episode in meiner nicht enden wollenden Echtzeit-Drama-Komödie „Leben in Walmer Township“ trug sich am vergangenen Dienstag zu.

Arbeitsbedingt schaffe ich es eigentlich nie wirklich pünktlich zum Training zu kommen. Das ist nicht weiter schlimm, weil meine Lesart von Pünktlichkeit hier noch unter überdurchschnittlicher Zuverlässigkeit zu verbuchen ist. Dennoch nutze ich die Strecke zum Fußballplatz immer gleich, um meiner Muskulatur eine gewisse Grundwärme zuzuführen. Da der Trainingsplatz am Rande des Townships liegt, lief ich also die Straße herunter, die meinen Stadtteil begrenzt. In Sportsachen, Turnschuhen und mit einem Beutel mit Fußballschuhen in der Hand joggte ich am Straßenrand, den Fußballplatz bereits in Sichtweite, als hinter mir ein Auto hupte. Ein Jeep-Fahrer verlangsamte und wollte mir wild gestikulierend irgendetwas mitteilen. Nach einem kurzen Moment der Verwirrung verstand ich sein Anliegen dann auch: Der Mann wollte seinen weißen Bruder aus den Fängen des Townships retten. Kann ja nicht angehen, dass der arme Junge hier – vermutlich auf der Flucht vor marodierenden Horden – die Straße entlang hetzen muss. Ich mache also die Tür auf und sage ihm, „keine Sorge, mir geht’s gut, ich wohne hier, ich laufe nur grad zum Training da vorne“. Eine verbale Reaktion seinerseits kam wenn überhaupt nur noch sehr stockend und nicht wirklich verständlich, die Augen weiteten sich jedoch beträchtlich und mit etwas Platz zwischen den Lippen fuhr der Mann davon. Er ließ mich zurück mit Frage, ob ich ihn nun vorrangig als hilfsbereit oder als paranoid und vorurteilsbehaftet einschätzen sollte – und mit einem Bailey in einer Mischung aus Trainings- und Grastarnanzug.

Samstag, 8. November 2008

Das Wort zum Samstag

Wie nennt man eine Zusammenkunft mehrerer Menschen, bei der viel Fleisch gegessen wird?

Meat & Greet!


Meat & Green

Dienstag, 4. November 2008

Umleitung nach links

Wer den politischen Doktor Selzsam in Reinform erleben will, betrachte die junge Welt von gestern*. Ich habe meine rare freie Zeit genutzt, um einen Korrepondentenbericht über die Hintergründe des Spaltungsprozesses im African National Congress zu schreiben. Eine Gruppe von Abtrünnigen, die sich erst South African National Congress nennen wollte, das dann aber nicht durfte (diese Detail-Information ist schon wieder frischer als der Artikel...), löst hier nämlich momentan relativ viel Lärm aus, aber politisch gesehen weiß so recht niemand warum. Meinen Erklärungsversuch gibt es hier.

*Leider habe ich heute erst von der Veröffentlichung erfahren, weil die Seite der jungen Welt hier gestern nicht erreichbar war. Ich hoffe, der Link hält diesmal etwas länger, als der zum Weser-Kurier neulich.

Samstag, 1. November 2008

Und es hat Zoom gemacht

Ich habe es zwar nur einmal und nicht tausend Mal probiert, trotzdem wird morgen mein Artikel über zwei von Masifunde geförderte Schüler auf der Zoom-Seite des Weserkuriers am Sonntag erscheinen. Also kauft diese schöne Zeitung und erwähnt dabei unauffällig, dass ihr es nur wegen mir getan habt... ;-)
Nein, im Ernst: Wer etwas über den Schulalltag der Township-Kids auf reichen Schulen, ihre Integration in eine völlig andere Welt und die Probleme der Kinder auf Townshipschulen wissen möchte, dem dürfte der Text einige Antworten geben. Genug der Eigenwerbung.

PS: Hier der Link

Wort zum Samstag

Wie nennt man eine rauchende Nonne auf Englisch?

Nun-smoker!

Montag, 27. Oktober 2008

Ein Tag in Walmer Township


Hinter all diesen Fenstern...

Der Wecker hat es wieder schwerer mit mir. Nachdem ich mir das ewige Snooze-Tasten-Gedrücke eigentlich schon abgewöhnt hatte, bin ich hier in Walmer rückfällig geworden. Das Zimmer ist einfach zu klein, um das lärmende Gerät ausreichend außer Reichweite zu platzieren. Und so vergeht dann meist einige Zeit bis ich mich unter der wärmenden Decke hervortraue um sogleich ins Bad zu sprinten, weil der Arbeitsbeginn naht. Die Wege sind glücklicher Weise kurz, die Distanz vom Bett zum Büro-Schreibtisch kann jeder anhand des nun folgenden Bilds selbst abschätzen.


...und dann in meinem Zimmer

Nach dem allmorgentlichen Team-Talk, bei dem wir die Aufgaben für den Tag absprechen, geht’s dann um kurz nach 9 an die Arbeit. Montags etwas später, weil wir da eine richtige Sitzung machen und die gesamte Woche planen. Heute waren dabei direkt frohe Botschaften zu verkünden. Zwei Unternehmen haben als Spender für unser Summer Camp zugesagt. Das entlastet unser Budget für den neuntägigen Ausflug mit den Kindern ein wenig, auch wenn da noch mehr kommen muss. Die 60 Kinder wollen schließlich nicht hungern, wenn sie einmal im Jahr in den Genuss eines Ferienausflugs kommen. Wer selbst mal in einer Ferienfreizeit war, dürfte ja noch wissen, wie groß die Vorfreude ist, und für Kinder, die von Urlaub sonst nicht einmal zu träumen wagen, ist so ein Ausflug natürlich das Highlight schlechthin. Von daher muss das klappen, damit es auch zukünftig Summer Camps geben kann.

Doch zurück zum Tag. Nach den Dankesmails musste noch ein Artikel für den Newsletter fertig werden, ein paar weitere Spenden-Anrufe warteten auf mich, dann noch einen Artikel für die Homepage planen - und ruckzuck ist so ein Vormittag auch schon rum. Nach der – heute etwas verspäteten – Mittagspause mache ich mich dann zu Fuß auf den Weg ins Xolelanani Youth Centre, dem Jugendzentrum, in dem ich ab 15 Uhr die Kinder beschäftige, die darauf warten, mit 1:1-Betreuung ihre Hausaufgaben zu machen. Fotos von den Straßen zu machen ist nicht immer ganz leicht, weil Kameras doch eine hohe Anziehungskraft auf die Kinder hier haben.


Ich bin den ganzen Weg gegangen

Die Gestaltung des Programms liegt für die zwei Stunden in meiner Hand, hängt aber auch stark vom Benehmen der Kinder ab. Sind sie brav, gibt’s am Tag darauf auch mal einen Spiele-Nachmittag, versuchen sie Chaos zu veranstalten, werden Arbeitsblätter ausgefüllt. Unser Lehrer Dr. Selzsam lässt im Ernstfall auch schon mal das Alphabet zu Papier bringen, Ordnung muss ja schließlich sein.


Xolelanani Youth Centre und Masifunde-Bus: No money left to burn


So soll es sein

Wenn ich die letzten Racker nach Hause entlassen habe und im Centre keine Aufgaben mehr für mich anliegen, gehe ich nach Hause, um dort bis zum Feierabend weiterzuarbeiten. Der Heimweg geht in den seltensten Fällen mit weniger als drei Smalltalks vonstatten, obwohl es eigentlich nur zehn Minuten Fußweg sind. Einer der potentiellen Gesprächspartner ist Zola, der selbst eine Tanzgruppe im Jugendzentrum betreut.


Zola und wieviel von seinen Freundinnen

Zola wohnt direkt gegenüber des Jugendzentrums in einem von der Regierung bereitgestellten Haus. Diese kleinen Steinhäuser sind inzwischen absolut prägend für das Stadtbild im Kern von Walmer. Es gibt jedoch verschieden große Häuser, je nachdem zu welcher Zeit sie errichtet wurden. Da diese Häuser jedoch den vorher auf dem gleichen Grund in Wellblechhütten lebenden Menschen nicht genügend Platz bieten, haben die Leute sie oft einfach erweitert – oder hüttisiert, wie die Menschen hier sagen. Hüttisieren geht folgendermaßen: Man nehme das von der Regierung errichtete Steinhaus und baue ein perfektes Mimikri von Wellblechhütte direkt an eine der Seitenwände an. Einer unserer Nachbarn hat diese Bauweise in nahezu vollkommener Perfektion vollbracht.


Haus ohne Balkon gegenüber

Neben den Steinhäusern und hüttisierten Steinhäusern gibt es im Kern von Walmer zwar auch noch Wellblechhütten, die Häuser sind aber ganz klar in der Mehrzahl. Je weiter man in die neueren, teilweise informellen Erweiterungen des Townships vordringt, desto schlechter wird allerdings auch der Lebensstil. Dort steht dann wirklich Hütte an Hütte, durch manche kann man tatsächlich durchgucken, so undicht sind die rostigen Wände. Dazu kommt, dass ein Teil der ohne Genehmigung errichteten Hütten auf einer ehemaligen Müllkippe stehen. Der Boden gibt dort immer wieder neuen Müll frei, zudem steit Methangas auf, was nicht unbedingt gesundheitsförderlich ist. Das Wohlstandsgefälle, das dem oberflächlichen Betrachter nur zwischen dem Township und den wohlhabenderen Stadtteilen auffällt, ist also auch innerhalb der Siedlung sehr groß.

Mit unserem – wenn auch sehr kleinen – Steinhäuschen leben wir da natürlich ganz klar am oberen Ende der Skala.


Die Stufen, die Haustür, kein Flur


Die Auffahrt zum Haus mit Auto (im fünften Gang 180)

Einen Warmwasserboiler hat sonst beispielsweise kaum jemand hier. Dieses Gerät weiß ich aber sehr zu schätzen, wenn ich nach getaner Arbeit und absolviertem Fußballtraining nach Hause komme. Morgen wird wieder so ein Tag sein. Der heutige klingt gleich noch mit Xhosa-Unterricht aus.

In diesem Sinne: Sala kakuhli!

Montag, 20. Oktober 2008

Molweni!

Der Einbürgerungstest kann bald kommen. Nachdem ich mich mittels Fußballverein bereits vorbildlich sozial integriert habe, habe ich nun Phase zwei meiner Verwurzelung im Walmer Township in Angriff genommen. Soeben bin ich von meiner ersten Doppelstunde Xhosa heimgekehrt. Der Weg bis zur Beherrschung dieser Sprache wird allerdings noch ein sehr langer sein. Neben drei verschiedenen Klick-Lauten verfügt Xhosa nämlich auch über einen vollkommen anderen Satzaufbau als alle anderen Sprachen, die ich jemals gelernt habe. Satzbau ist dabei sogar übertrieben, es handelt sich vielmehr um Wortbau, denn die gebeugten Verben äußern sich beispielsweise einfach als Silben in zusammengesetzten Wörtern. „Ich würde gern …“ heißt beispielsweise „Ndicela“ und selbst für den relativ langen Satz „Aus welchem Land kommst du?“ reichen in Xhosa zwei Worte: „Ungoweliphi ilizwe?“ Leicht klingt anders...

Dusselige Fragenbögen zum Abschrecken potentieller Einwanderer gibt es in Südafrika zwar nicht, doch ich will es natürlich trotzdem schaffen. Und da Wally, mein Lehrer und gleichzeitig Co-Trainer des Fußball-Teams, ein sehr geduldiger Mensch ist und ich irgendwann auch mal die Gespräche unter Nachbarn, Mannschaftskameraden oder Kindern verstehen will, bin ich zuversichtlich, dass ich schnell lernen werde. Denn das ist ja auch das Motto hier: Masifunde – Lasst uns lernen!

Meine private Schulstunde war zwar für mich sehr spannend, Bildmaterial gibt es davon allerdings nicht. Stattdessen erlaube ich mir, mit ein paar Bildern aus meinem neuen Haus-Park, dem Cape Recife Nature Reserve, etwas Neid zu schüren. Dort habe ich mit Ausnahme der Nächte nahezu das gesamte Wochenende verbracht, war Angeln, Muscheln sammeln, Sonnenbrand sammeln, Schnorcheln, Schwimmen, Wandern und … Fotografieren.


Für Schiffe


Für mich


Für Genießer


Für Nachtaktive

Sala Kakuhli – Tschüss!

Freitag, 17. Oktober 2008

Das Townshiptierlexikon

Als Hommage an die Kuh, deren Futterquelle gestern abgefahren wurde, möchte ich heute mit einem Text über den Bauernhof Township fortfahren. Das Leben hier stellt einen nämlich vor einige Rätsel, die sich mit der herkömmlichen Township-Vorstellung eines Außenstehenden kaum vereinbaren lassen.


Nix für Üngüt, aber dieses Symbolbild musste noch kommen.

So war ich in den ersten Tagen hier sehr überrascht darüber, dass überall in den Straßen ohne jeden Hirten Kühe umherlaufen. Auch die Hühner, Ziegen und Esel haben sich jeglicher Zäune und Bewacher meist längst entledigt und zotteln, trotten und springen fröhlich umher. Nun ist Südafrika im Generellen und Walmer Township im Speziellen nicht gerade als Ort bekannt, an dem Besitztümer als höchstes Heiligtum gelten und niemals geklaut werden würden. Und in Anbetracht der Lage, in der sich manche Menschen hier finanziell befinden, gehört so ein umher laufendes Stück potentielles Essen durchaus zu den begehrenswerten Gütern. Warum klaut also keiner diese Tiere, hab ich mir gedacht – und Lubabalo den Koordinator hier gefragt. Die Antwort war zweiteilig.

Die Hühner sind relativ uninteressant. Die meisten Leute halten sie nur zum Spaß und wegen der niedlichen Küken, sie sind also eher Haus- als Nutztiere. Die Eier werden auch so gut wie nie verwendet. Wenn jemand ein Huhn schlachten will, wird es zunächst mindestens zwei Wochen in einem Käfig gehalten, weil es in der freien Townshipbahn hier einfach zu viel Müll und Dreck frisst, als das man es bedenkenlos verspeisen könnte. Was die zwei Wochen da helfen, ist mir zwar schleierhaft, aber ich kann mich an Zeiten erinnern, in denen ich auch Tümpel-Karpfen in der Badewanne gehalten hab, um den Moder-Geschmack herauszubekommen. Der Erfolg dieser Maßnahmen spielt sich vermutlich eher im Kopf des Verspeisenden ab und weniger im Muskelfleisch des Tieres.

Wie es sich mit Ziegen und Eseln verhält, weiß ich nicht genau. Ich vermute aber, dass dort ähnliche Mechanismen wie bei den Kühen greifen. Und die sind ziemlich krass: Die Rindvieh-Halter sind nämlich schlicht und ergreifend als die brutalsten Menschen im Township bekannt. Und aus diesem kühnen Grunde würde es niemand wagen, eine Kuh einfach mal zu mopsen und zu schlachten. Denn auch wenn der Halter selbst es nicht merkt, irgendwer bekommt im Township immer mit, was man gerade tut, zumal wenn es um so nicht gerade lautlose Geschichten wie einen Kuhdiebstahl geht. Und wenn dann nur einer singt, dann vermutlich Bolzenschussgerät ahoi. Nur halt nicht für die Kuh. Diese Kuh-Halter scheinen sogar soviel Respekt zu verstrahlen, dass die Leute sich nicht einmal darüber aufregen, wenn Kühe einfach den eigenen kleinen Vorgarten abgrasen. Wobei dort eh meist nichts wächst außer etwas Gras.


Gartenzwerge leben gefährlich.

Die Kühe greifen auch je nach Gusto immer mal wieder aktiv in den Straßenverkehr ein. Ich habe es auch noch nie erlebt, dass sich die Polizei mal daran gemacht hätte, eine Kuh, die einfach auf der Straße stehen bleibt, wegzuscheuchen. Doch von der Polizei hier sollte man sowieso nicht zuviel erwarten. Das wiederum ist allerdings nochmal eine andere Geschichte. Und jetzt von Kühen auf Bullen zu kommen ist selbst mir etwas zu platt…

Montag, 13. Oktober 2008

Alles Müll, oder was?

Entscheidende Ereignisse trugen sich in der vergangenen Woche rund um unser kleines Anwesen in Walmer zu. Zunächst wurde mein Zimmer dann doch ziemlich plötzlich um eine Tür erweitert, die es mir nun ermöglicht, mich etwas vom Rest des Hauses abzukapseln, und die somit meine Schlafqualität wesentlich erhöht. Gedankt sei Lubabalo fürs Einbauen und dem Baum, der dafür sein Leben ließ.


Damit meine Seite nicht so nach Bleiwüste aussieht, habe ich mich entschlossen, auf sinnvolle Symbolbilder zurückzugreifen. Hier sieht man also eine Tür (offen), im Vordergrund ein Mensch.

Eben jene Tür stand nun aber am Sonnabend offen, sodass ich von der Haustür her seltsame Geräusche vernahm. Als wachsamer Hausbewohner hab ich mich also gleich mal die drei Meter dort hin geschlichen und war dann doch etwas erstaunt. Mein Gegenüber allerdings ebenso. Eine ausgewachsene Kuh guckte mich durch die offene Haustür verdutzt an. Freilaufende Kühe sind nun nichts Besonderes hier im Township, es gibt einige von ihnen, die diesen dicht bevölkerten Stadtteil schlicht zu ihrer Weide erklärt haben. Die Kühe kennen keine Straßenverkehrsregeln oder Grundstücksgrenzen, sie lassen sich auch nicht vom Gekrähe der ebenfalls frei umher laufenden Hühner oder vom Gebell der auch meist nicht allzu eingeschränkten Hunde beeindrucken. Mit Wegscheuchen ist da also nicht viel. Trotzdem, so nah waren mir die Kühe noch nie.


Kuh, zumindest teilweise. Im Hintergrund ein Tiger.

„Muh (f away)“ dachte ich mir also, doch das Rindvieh hatte besseres zu tun. Die Kuh weidete genüsslich an unserem Müllsack, der leider bei der letzten Abfuhr etwas zu spät zur Straße gekommen war. Irgendwann trabte sie dann aber durch ein (eigentlich viel zu kleines) Loch im Zaun doch weiter zum Nachbarn. Was mir blieb, war eine Frage: Wenn eine Kuh Müll frisst, gibt sie dann Müller-Milch?

Freitag, 10. Oktober 2008

Was ich hier mache - der Legende letzter Teil

Etwas verspätet will ich nun über meine Aufgaben bei Masifunde fabulieren und die Trilogie damit vervollständigen. Wer von mir zu meiner Arbeit hier noch gar nichts gehört hat, fragt sich wahrscheinlich, was Journalismus mit Bildungsförderung zu tun hat. Gut, Lesen bildet mitunter, aber da hat sich der Link nicht versteckt. Die Antwort ist einfacher: Ich mache die Pressearbeit für Masifunde in Südafrika. Und da die sich nicht immer an 9-to-5-Arbeitszeiten halten kann, gibt’s diesen Text auch erst heute. Weil Masifunde nämlich den Dönhoff-Förderpreis gewonnen hat*, brauchten wir schnell professionelles Filmmaterial aus Südafrika. Weil ich aber weder acht Arme noch eine DV-Kamera habe, musste ich fix innerhalb eines Tages für den darauf folgenden einen Kamera-Mann nebst Equipment organisieren. Das hat zum Glück geklappt und dann haben wir Dienstag zu zweit von 10 bis 19 Uhr in einem Guss gedreht, ehe es zum Schlemmer-Teil des Tages überging. Die Aufnahmen, die uns in die Schulen der Kinder, in die Hausaufgabenbetreuung, zu den Eltern und in die Lifeskill-Stunde führten, haben richtig Laune gemacht und sind darüber hinaus auch äußerst geeignet, in die Beschreibung meines Aufgabenbereich praktisch einzusteigen.

Ganz so spannend wie beim Filmdreh ist es allerdings nicht immer, dafür aber auch meist nicht so stressig. Die einzige Konstante in meiner Arbeit ist die, das ich immer wieder etwas anderes mache. In den ersten Wochen habe ich mich in die Bearbeitung der Homepage eingearbeitet und massenhaft Informationsseiten über Masifunde gelesen, um auch wirklich im Thema zu sein, über das ich dann berichten kann. In der Zukunft werde ich versuchen, Redaktionen vor allem in Südafrika anzusprechen und sie auf unsere Aktionen aufmerksam zu machen, um die Bekanntheit unserer Organisation hier vor Ort zu steigern. Außerdem werde ich mich um unsere englische Homepage kümmern und Journalisten betreuen, die hier her kommen wollen um zu berichten. All die schönen Aufgaben der Außendarstellung liegen allerdings momentan noch etwas in der Ferne, da im Dezember unser alljährliches Summer Camp ansteht. Und damit die Kinder dabei nicht verhungern, treiben wir momentan mit Hausbesuchen in Supermärkten die nötigen Sachspenden auf. Das ist nicht immer leicht und mit Sicherheit auch nicht meine Lieblingsbeschäftigung, aber es ist wichtig, denn das Spendengeld aus Deutschland brauchen wir für wichtigere Dinge, das soll Bildung ermöglichen.

Zusätzlich zu diesen Aufgaben arbeite ich aber auch ganz konkret mit den Kids, wenn auch nicht so häufig. Da geht es vor allem um Hausaufgabenhilfe, also ganz konkret das Einmaleins durchgehen oder die Uhrzeiten digital und mit Zeigern erklären. Einmal haben wir in einer Learn4Life-Stunde aber auch unseren Ausflug aufgearbeitet und mit den Kids über wichtige Werte wie Solidarität und Zusammenhalt gesprochen. Als praktische Übung dazu haben wir die Kinder dann Artikel über den Ausflug schreiben lassen – tja, irgendwo muss sich der Kreis ja auch schließen…

Geschlossen ist hiermit dann auch meine Arbeitsbeschreibung. Ich hoffe, es war aufschlussreich und interessant. Fragen sind mehr als willkommen…

* Der nach der einstigen Zeit-Chefredakteurin und -Herausgeberin benannte "Marion Dönhoff Förderpreis für internationale Verständigung und Versöhnung" wird von der Marion Dönhoff Stiftung (wer hätte es gedacht), der ZEIT und der ZEIT Stiftung herausgegeben. Aufgrund der vorsichtig gesagt nicht ganz unbedeutenden Erscheinung diese Stiftung, macht es momentan auch Spaß, Masifunde zu googlen...

Sonntag, 5. Oktober 2008

Zeit für... Anekdoten

Teil drei der Fortsetzungsgeschichte muss vorerst warten und zwar aus zwei Gründen:

1. Masifunde wird recht bald einen ziemlich, ziemlich, ziemlich bedeutenden Preis gewinnen und für die Preisverleihung brauchen wir einen Film. Ich habe daher die Ehre, für ganz wenig Geld ganz gute Produktionsfirmen, Kameras, Drehtermine und ähnliches aufzutreiben. Die Sache hat nur zwei Haken: Das ganze muss bis Donnerstag fertig sein und ich bin in Südafrika, einem Land, in dem sich die Formulierung "nownow" breitgemacht hat, weil "now" nur noch soviel heißt wie "vielleicht morgen". Europäische Hektik trifft also auf afrikanische Gelassenheit und ich bin ab morgen mittendrin, da will ich vorher wenigstens Kontakte raussuchen und dann gleich mal schlafen...

2. Es gibt einfach zuviele Anekdoten zu erzählen, die das Wochenende so produziert hat.

Die erste trug sich am Eingang des Cape Recife Nature Reserves zu. Das ist ein kleines Naturreservat vor den Toren Port Elizabeths, in dem der Indische Ozean auf schroffe Steinformationen und Sandstrände trifft und in dem sich dahinter eine weite Buschlandschaft erstreckt, in der allerhand gefiederte Freunde (Yeehaaa, die wollte ich immer noch mal unterbringen...) ihr Unwesen treiben. Das Reservat ist so klein und unbekannt, dass ich ohne Blogger Fish aus dem fernen Bremen vermutlich gar nicht von seiner Existenz gewusst hätte. Nun hab ichs am Samstag aber mal gesucht und auch prompt gefunden, dann allerdings anhand des Schlagbaums am Eingang auch schnell den Braten gerochen, dass die Weiterfahrt wohl Eintritt kostet. Und nach Zahlen war mir eigentlich nicht so... In der Folge entwickelte sich also ein zumindest von einer Seite tendenziell hinterlistiger Dialog zwischen mir und dem Parkwächter:
Ich: "Darf ich bitte durchfahren?"
Er: "Das kostet 29 Rand."
Ich: "Oh, das hier ist also ein richtiger Naturpark?"
Er: "JAA!"
Ich: "Dann akzeptieren Sie doch bestimmt auch die 'Wild Card*'"
*Die Wild Card ist eine relativ teuere Karte, mit der man in allen staatlichen Parks und Naturreservaten Südafrikas freien Eintritt bekommt.
Er: "Ja."
Ich: "Oh, dann komme ich ein anderes Mal wieder."
Daraufhin er: "Haben Sie eine Wild Card?"
Das war die Stelle, an der es bei mir klick gemacht hat...
Also ich: "Ja, aber die habe ich zu Hause vergessen."

Daraufhin ging der Mann zur Schranke und öffnete sie. Yeboooo!


Anekdote Nummer zwei ist etwas ekelig, aber ich nahm das erst nicht so wahr:
Ich laufe also völlig kostenfrei den wirklich schönen Strand in diesem Reservat entlang und da liegt da am Strand ein toter Wal. Och Mensch, Schade um das Tier denke ich mir so, während just in diesem Moment mein Telefon klingelt. Auf die Allerweltsfrage "Und was machst du so?" hab ich dann halt ehrlich und ohne groß zu überlegen geantwortet: "Ich bin am Strand und stehe vor einem toten Wal." Das fand die Anruferin irgendwie komisch. Ich nicht. Stimmte ja.

Anekdote Nummer drei führt mich zurück zum Eingang des Reservats. Da kam der Wärter aus seinem Häuschen gestürmt und stammelte umhüllt von circa zehn Höflichkeitsfloskeln ungefähr eine halbe Minute lang was von einem Gefallen, den er mir getan habe und ob ich ihm nicht auch einen tun könnte. Ich war kurz davor ihn aufzufordern, doch einfach mal zu sagen, was er denn wirklich will, da fasste er sich ein Herz: "Kannst du mich mit nach Summerstrand nehmen?" Die Entscheidung war schnell gefällt, denn durch den Stadtteil musste ich sowieso. Der Mann war allerdings noch die ganze Fahrt über völlig aufgelöst und voller Dank, dass ich ihn mitgenommen hatte. Es stellte sich nämlich raus, dass der arme Typ sonst jeden Tag nach der Arbeit (18.30 Uhr) ungefähr eine Stunde zum Büro des Naturreservats latschen muss, um dort sein Funkgerät abzugeben, ehe er dann mit dem Sammeltaxi in sein Township am nördlichen Stadtrand aufbrechen kann. Die Geschichte fand ich echt krass. Den holt halt keiner von den Bürotypen mal eben ab. Dem stellt sein Arbeitgeber nicht mal ein Fahrrad, er muss einfach laufen, denn ein tägliches Taxi würde wahrscheinlich den halben Monatslohn auffressen. Ich glaub ich fahr da demnächst mal öfter vorbei und hau dann erst um 18.30 Uhr ab. Ich hab nämlich jetzt auch lebenslang freien Eintritt, solange er da der Wächter ist, hat der Mann mir versprochen...

Die vierte und letzte Anekdote trug sich heute bei meinem ersten Einsatz für die Young Chiefs zu. Jaaaa, ich habe mein erstes Spiel bestritten, über 90 Minuten, eine Halbzeit auf Rechtsaußen und eine im Sturm und dabei unser Führungstor (Endstand leider 1:2) mit eingeleitet und kurz vor Schluss noch einen Lattenschuss vorbereitet. Ansonsten liefs eher durchwachsen, aber das soll jetzt auch gar nicht Thema sein. Mehr als meine Spielkünste war nämlich für einen der Zuschauer, der - wie ich erst nach dem Spiel bemerkt habe - wohl geistig behindert war, mein Äußeres die Hauptattraktion. Der Typ hat nahezu ohne Unterbrechung 90 Minuten lang "Mulungo" (was soviel heißt wie "weißer Fremdling") gerufen, sobald ich auch nur ansatzweise an ihm vorbeikam. Das Wort ist nun nicht wirklich rassistisch, aber es gibt durchaus nettere Weisen, jemanden auf sich aufmerksam zu machen. Ich bin nun etwas ratlos, ob ich entweder SAFA (South African Football Association) einschalten sollte, oder mich lieber darüber freue, dass mich beim Fußball spielen überhaupt mal jemand wahrnimmt...

Vielleicht könnt ihr mir bei dieser Frage ja helfen. *um mehr Kommentare bettel*

Freitag, 3. Oktober 2008

Was ich hier mache - Teil 2 von 3

"Education is the most powerful weapon which you can use to change the world." ("Bildung ist die stärkste Waffe, zu der man greifen kann, um die Welt zu verändern.")

Dieses Zitat Nelson Mandelas ziert nicht nur die englische Informationsbroschüre über Masifunde, seine Aussage ist auch ein Stück weit mein Antrieb, hier zu arbeiten. In der nun folgenden Fortsetzung des Eintrags vom Donnerstag werde ich beschreiben, wie diese Waffenlieferung funktioniert.



Der Ansatz liegt nach der Vorgeschichte auf der Hand: Um dem beschriebenen Teufelskreis aus mangelnder Bildung und Armut zu entrinnen, muss ein nachhaltiges Förderungskonzept bei den Kindern ansetzen und ihnen die gleiche Bildung ermöglichen, die gleichaltrige Kinder reicherer Familien auch bekommen. Weil das soziale Umfeld sich aber nicht per Fingerschnippen in die Idylle eines von Vogelgezwitscher geprägten Luxusvororts verwandeln lässt, brauchen die Kinder zusätzliche Unterstützung, die ihnen die Kraft gibt, ihre Aufgaben auch unter erschwerten Bedingungen zu absolvieren.

Da es allerdings weder realistisches Ziel noch Aufgabe eines ehrenamtlichen Vereins sein kann, diesen Segen flächendeckend zu verteilen, muss zudem ein Weg gefunden werden, den gesamten Stadtteil von der Förderung einiger Weniger profitieren zu lassen. Denn zum einen ist Masifunde kein Elitenförderungsprogramm und zum anderen wäre die Gefahr von Neid und Missgunst sonst viel zu hoch.

Masifundes Arbeit im Walmer Township besteht daher aus drei Säulen.

Die erste ist die naheliegendste und zugleich teuerste: Die geförderten Kinder werden auf exzellente Schulen in den reicheren Stadtteilen Port Elizabeths geschickt. Wer dort hin darf, welches Kind also ausgewählt wird, entscheidet sich in einem dreistufigen Test. Zunächst schlagen die Lehrerinnen einer mit Masifunde kooperierenden Vorschule geeignete Kandidaten vor, die sich durch Cleverness auszeichnen und gleichzeitig finanziell bedürftig sind. Daraufhin untersucht der festangestellte Masifunde-Koordinator in Walmer das familiäre Umfeld der Kinder. Wichtig ist dabei, dass zumindest ein verlässlicher Ansprechpartner existiert. Schließlich müssen die Kids sich dann noch in einem Auswahlgespräch an der ihnen zugedachten Schule beweisen - werden sie dort angenommen, sind sie dabei. Masifunde ist also in die formelle Schulbildung nur administrativ involviert. Die Masifunde-Freiwilligen helfen - was die direkte Schulbildung betrifft - lediglich bei den Hausaufgaben. Dazu gibt es einen Homework Club, der von einer südafrikanischen Lehrerin geleitet wird und in dem auch internationale Studenten der hiesigen Nelson Mandela Metropolitan University mithelfen.


Lernen, Lernen und nochmals Lernen!

Wenn die letzten Kinder dann um 17 Uhr mit ihren Hausaufgaben fertig sind, schließt sich Säule Nummer zwei an, die den formschönen Namen Learn4Life! trägt. Das Programm, das in Bremen sicherlich Lifeskills4u heißen würde, trägt den Nachhaltigkeitsansatz Masifundes in sich. Es hat daher die Schlüsselfunktion unseres Einsatzes inne, den es schafft die Verknüpfung zwischen den mit den Stipendien versorgten Kindern und gleichaltrigen Schülern aus Township-Schulen. Die insgesamt knapp 60 Learn4Life!-Kinder treffen sich auf die fünf Wochentage verteilt und nach Alter in Kleingruppen aufgeteilt einmal wöchentlich für anderthalb Stunden im Jugendzentrum. Zusätzlich gibt es monatliche Ausflüge und als Anreiz für die regelmäßige Teilnahme ein einwöchiges Summer Camp, das dieses Jahr vom 8. bis 16. Dezember stattfindet - so wir denn die nötigen Spenden auftreiben können, aber das ist eine andere Geschichte.

In all diesen Programm-Teilen geht es dann in einem in Kooperation mit der Uni entworfenen interaktiven Unterricht um insbesondere im Township wichtige Themen wie beispielsweise friedliche Konfliktlösungsstrategien, gesunde Ernährung, Drogenprävention und Aids-Aufklärung. Daneben wird den Kindern ihre Verantwortungsrolle in ihrem Umfeld eingeimpft, um sie so zu Multiplikatoren und Botschaftern in Sachen Aufklärung und Bildung zu machen.

Das klingt so niedergeschrieben natürlich alles etwas theoretisch und verkopft und ich hatte da anfangs auch so meine Zweifel, ob Grundschüler dann wirklich rausrennen ins Leben und laut "Bildung alaaf" schreien. Diese Unsicherheit hat sich allerdings in Gänsehaut aufgelöst, als ich beim letzten Elternabend der Geschichte einer Mutter eines Drittklässlers lauschte, die stolz berichtet hat, das ihr Sohn seiner zwei Jahre älteren Schwester nun beigebracht habe, was fünf Jahre Townshipschule nicht vermocht hatten: Lesen und Schreiben. Sicher, das funktioniert bei einigen besser und bei anderen schlechter, aber es fällt schon auf, das manche Kinder für ihr Alter auch innerhalb der Gruppe eine ungeheuere Verantwortung übernehmen und einfach eine Reife zeigen, die mich manchmal schlicht erstaunen lässt.


Bulelani sagt "Ja" zu südafrikanischem Wasser.

Doch weg von der Schwärmerei, Masifunde hat nämlich noch eine dritte Säule, die allerdings schneller erzählt ist und unseren Verein fest im Township verankert. Um den Ansatz der Arbeit hier umfassend zu machen, unterstützt Masifunde nämlich auch ein Kinderheim, das eine Frau aus Walmer Township aus Eigenengagement gegründet hat, und das Jugendzentrum, das einst übrigens von der IG Metal gebaut wurde und heute neben unseren Programmen eine Töpferwerkstatt, eine Tanzgruppe und einen Kindergarten für bedürftige Kinder beherbergt, den Masifunde ebenfalls fördert.

Welche Früchte all diese Bemühungen einmal tragen, lässt sich heute natürlich noch nicht mit Gewissheit sagen. Hoffnungsschimmer gibt es, wie beschrieben, bereits einige, doch ob die Kinder es schaffen werden, ihre Schullaufbahn erfolgreich abzuschließen und ob sie sich dann auch noch ihrer Verantwortung für ihr Umfeld verpflichtet fühlen, kann natürlich heute noch niemand mit Gewissheit sagen.

Ich bin da mal optimistisch gespannt und hoffe ich geht's in Erwartung von Teil 3 der Masifunde-Geschichte ähnlich. Voraussichtlich Sonntag geht's dann um meine Rolle im System...