Freitag, 3. Oktober 2008

Was ich hier mache - Teil 2 von 3

"Education is the most powerful weapon which you can use to change the world." ("Bildung ist die stärkste Waffe, zu der man greifen kann, um die Welt zu verändern.")

Dieses Zitat Nelson Mandelas ziert nicht nur die englische Informationsbroschüre über Masifunde, seine Aussage ist auch ein Stück weit mein Antrieb, hier zu arbeiten. In der nun folgenden Fortsetzung des Eintrags vom Donnerstag werde ich beschreiben, wie diese Waffenlieferung funktioniert.



Der Ansatz liegt nach der Vorgeschichte auf der Hand: Um dem beschriebenen Teufelskreis aus mangelnder Bildung und Armut zu entrinnen, muss ein nachhaltiges Förderungskonzept bei den Kindern ansetzen und ihnen die gleiche Bildung ermöglichen, die gleichaltrige Kinder reicherer Familien auch bekommen. Weil das soziale Umfeld sich aber nicht per Fingerschnippen in die Idylle eines von Vogelgezwitscher geprägten Luxusvororts verwandeln lässt, brauchen die Kinder zusätzliche Unterstützung, die ihnen die Kraft gibt, ihre Aufgaben auch unter erschwerten Bedingungen zu absolvieren.

Da es allerdings weder realistisches Ziel noch Aufgabe eines ehrenamtlichen Vereins sein kann, diesen Segen flächendeckend zu verteilen, muss zudem ein Weg gefunden werden, den gesamten Stadtteil von der Förderung einiger Weniger profitieren zu lassen. Denn zum einen ist Masifunde kein Elitenförderungsprogramm und zum anderen wäre die Gefahr von Neid und Missgunst sonst viel zu hoch.

Masifundes Arbeit im Walmer Township besteht daher aus drei Säulen.

Die erste ist die naheliegendste und zugleich teuerste: Die geförderten Kinder werden auf exzellente Schulen in den reicheren Stadtteilen Port Elizabeths geschickt. Wer dort hin darf, welches Kind also ausgewählt wird, entscheidet sich in einem dreistufigen Test. Zunächst schlagen die Lehrerinnen einer mit Masifunde kooperierenden Vorschule geeignete Kandidaten vor, die sich durch Cleverness auszeichnen und gleichzeitig finanziell bedürftig sind. Daraufhin untersucht der festangestellte Masifunde-Koordinator in Walmer das familiäre Umfeld der Kinder. Wichtig ist dabei, dass zumindest ein verlässlicher Ansprechpartner existiert. Schließlich müssen die Kids sich dann noch in einem Auswahlgespräch an der ihnen zugedachten Schule beweisen - werden sie dort angenommen, sind sie dabei. Masifunde ist also in die formelle Schulbildung nur administrativ involviert. Die Masifunde-Freiwilligen helfen - was die direkte Schulbildung betrifft - lediglich bei den Hausaufgaben. Dazu gibt es einen Homework Club, der von einer südafrikanischen Lehrerin geleitet wird und in dem auch internationale Studenten der hiesigen Nelson Mandela Metropolitan University mithelfen.


Lernen, Lernen und nochmals Lernen!

Wenn die letzten Kinder dann um 17 Uhr mit ihren Hausaufgaben fertig sind, schließt sich Säule Nummer zwei an, die den formschönen Namen Learn4Life! trägt. Das Programm, das in Bremen sicherlich Lifeskills4u heißen würde, trägt den Nachhaltigkeitsansatz Masifundes in sich. Es hat daher die Schlüsselfunktion unseres Einsatzes inne, den es schafft die Verknüpfung zwischen den mit den Stipendien versorgten Kindern und gleichaltrigen Schülern aus Township-Schulen. Die insgesamt knapp 60 Learn4Life!-Kinder treffen sich auf die fünf Wochentage verteilt und nach Alter in Kleingruppen aufgeteilt einmal wöchentlich für anderthalb Stunden im Jugendzentrum. Zusätzlich gibt es monatliche Ausflüge und als Anreiz für die regelmäßige Teilnahme ein einwöchiges Summer Camp, das dieses Jahr vom 8. bis 16. Dezember stattfindet - so wir denn die nötigen Spenden auftreiben können, aber das ist eine andere Geschichte.

In all diesen Programm-Teilen geht es dann in einem in Kooperation mit der Uni entworfenen interaktiven Unterricht um insbesondere im Township wichtige Themen wie beispielsweise friedliche Konfliktlösungsstrategien, gesunde Ernährung, Drogenprävention und Aids-Aufklärung. Daneben wird den Kindern ihre Verantwortungsrolle in ihrem Umfeld eingeimpft, um sie so zu Multiplikatoren und Botschaftern in Sachen Aufklärung und Bildung zu machen.

Das klingt so niedergeschrieben natürlich alles etwas theoretisch und verkopft und ich hatte da anfangs auch so meine Zweifel, ob Grundschüler dann wirklich rausrennen ins Leben und laut "Bildung alaaf" schreien. Diese Unsicherheit hat sich allerdings in Gänsehaut aufgelöst, als ich beim letzten Elternabend der Geschichte einer Mutter eines Drittklässlers lauschte, die stolz berichtet hat, das ihr Sohn seiner zwei Jahre älteren Schwester nun beigebracht habe, was fünf Jahre Townshipschule nicht vermocht hatten: Lesen und Schreiben. Sicher, das funktioniert bei einigen besser und bei anderen schlechter, aber es fällt schon auf, das manche Kinder für ihr Alter auch innerhalb der Gruppe eine ungeheuere Verantwortung übernehmen und einfach eine Reife zeigen, die mich manchmal schlicht erstaunen lässt.


Bulelani sagt "Ja" zu südafrikanischem Wasser.

Doch weg von der Schwärmerei, Masifunde hat nämlich noch eine dritte Säule, die allerdings schneller erzählt ist und unseren Verein fest im Township verankert. Um den Ansatz der Arbeit hier umfassend zu machen, unterstützt Masifunde nämlich auch ein Kinderheim, das eine Frau aus Walmer Township aus Eigenengagement gegründet hat, und das Jugendzentrum, das einst übrigens von der IG Metal gebaut wurde und heute neben unseren Programmen eine Töpferwerkstatt, eine Tanzgruppe und einen Kindergarten für bedürftige Kinder beherbergt, den Masifunde ebenfalls fördert.

Welche Früchte all diese Bemühungen einmal tragen, lässt sich heute natürlich noch nicht mit Gewissheit sagen. Hoffnungsschimmer gibt es, wie beschrieben, bereits einige, doch ob die Kinder es schaffen werden, ihre Schullaufbahn erfolgreich abzuschließen und ob sie sich dann auch noch ihrer Verantwortung für ihr Umfeld verpflichtet fühlen, kann natürlich heute noch niemand mit Gewissheit sagen.

Ich bin da mal optimistisch gespannt und hoffe ich geht's in Erwartung von Teil 3 der Masifunde-Geschichte ähnlich. Voraussichtlich Sonntag geht's dann um meine Rolle im System...

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

"Bulelani sagt "ja" zu südafrikanischem Wasser" ??? Was hat dich da geritten? Muss Werbung nicht gekennzeichnet werden?

jensen hat gesagt…

So lange Texte, hatte bisher noch gar keine Zeit, alles aufmerksam zu lesen. Werde ich aber selbstverständlich noch tun!

Wie versprochen hier jetzt, quasi ergänzend zu deiner "Was ich hier mache"-Serie, der Link zum Artikel auf job4u-bremen.de:

http://www.bremen4u.de/content/index.php?id=150&artikel=1681

Ich hoffe, er wird richtig und vollständig angezeit.