Sonntag, 6. Juni 2010

Deutsche Medien-Profis am Werk

Neulich eines kühlen Vormittags, ich hatte soeben einen mit Bildern behangenen Artikel auf die lange Reise von meinem Laptop nach oben in die wunderbar weite Welt des Internets geschickt und war drauf und dran mich in der halben Stunde Upload-Zeit* mit dem Abwasch der vergangenen drei Tage zu beschäftigen, klingelte mein Telefon.

Khanyi Ndabeni vom Herald, der englischsprachigen Platzhirsch-Tageszeitung war am Apparat. Er wolle mal meine Meinung als deutscher Journalist einholen, ob ich denn Südafrika für WM-tauglich befinden würde, was so mein Eindruck vom WM-Fieber wäre und wie das überhaupt damals in Deutschland war.

Was passiert, wenn man vor laufender Kamera drei Pizza-Verkäuferinnen fragt, wie sie denn gedenken, ihr Team während der WM anzufeuern, habe ich in diesem Video-Beitrag zum Fußball-Freitag dokumentiert.

Haha, nun erkläre mal einer einem Südafrikaner aus deutscher Sicht, warum man das eventbesoffene Fahnengeschwenke schwarz-rot-gold geschminkter Party-Hasen nicht mit der vereinigenden Wirkung vergleichen kann, die das WM-Fieber in der immer noch ziemlich stark nach Hautfarben gespaltenen südafrikanischen Gesellschaft hat. Ich habe versucht Herrn Ndabeni zu erklären, dass die Vorfreude – mit dem Unterschied, dass in Deutschland die Stadien viel eher ausverkauft waren – sehr ähnlich aussieht, dass es darüber hinaus aber phänomenal ist, wie auf einmal Südafrikaner aller gesellschaftlichen Hintergründe hinter „ihrer“ Bafana Bafana stehen und das die WM hier deswegen viel mehr zu bedeuten scheint.

Das war ihm dann aber wohl zu viel des Guten. Aber wichtig ist ja auch nicht, dass Journalisten darüber schreiben, sondern dass es passiert. Wäre ich pathetisch würde ich jetzt sagen, dass am Ende des Regenbogens zwar ein Goldschatz vergraben sein mag, am Anfang aber definitiv ein Fußball liegt.

Bleibt nur zu hoffen, dass die Gier und Regulierungswut der FIFA, die sich in den Augen vieler Südafrikaner inzwischen völlig des Landes ermächtigt hat, Obdachlose und Straßenhändler vertreiben lässt und bei sechs Milliarden WM-Kosten für den südafrikanischen Staat noch stolz heraus posaunt, 2010 noch einmal 50 Prozent mehr verdient zu haben als 2006 in Deutschland, diese Stimmung nicht noch abwürgt. Momentan übertönen die Vuvuzelas die kritischen Töne noch lautstark und da die Kohle jetzt eh weg ist und das Fest ansteht, ist das auch gut so.


*Das liegt an den dicken Wänden meiner neuen Behausung. Wenn ich den Laptop vor die Tür stelle, dauern drei MB nur fünf Minuten, aber meist bin ich zu faul alles abzustöpseln.

Keine Kommentare: