Minibustaxis sind ein Phänomen in Südafrika. Sie stemmen im Wesentlichen den öffentlichen Nahverkehr und sind sogar auf langen Überlandstrecken unterwegs. Für ihre immer mal wieder gewalttätigen Streiks sind die Fahrer-Vereinigungen berühmt und berüchtigt, die Taxi-Lenker gelten als Verkehrs-Rowdies und sind nicht nur in den Townships als harte Jungs respektiert und teilweise gefürchtet. Ihr Fahrstil hat ihnen unter den anderen Verkehrsteilnehmern Geringschätzung eingebracht, dennoch dürften die privilegierten Autofahrer Südafrikas froh sein, dass nicht all die Menschen, die in den Taxis sitzen, eigene Wagen fahren. Dann wären die Straßen nämlich hoffnungslos verstopft.
Hinter all den Legenden steckt aber eine einfache und nicht immer glorreiche Realität. Die Minibustaxi-Fahrer arbeiten meist auf eigene Rechnung oder sind Teil eines Kleinunternehmens. Dann ist meist der Chef irgendwie zu etwas Geld gekommen, hat ein einen Minibus angeschafft und vermietet diesen an den Fahrer, der dann mit Selbstausbeutung noch was für die eigene Tasche rausholen kann. Geregelte Arbeitsverhältnisse? Überprüfungen? Verkehrstauglichkeit? Ruhezeiten? Das reguliert der Markt. Oder eben nicht.
Das Minibus-Taxiwesen war einst gewollte Politik des regierenden ANC, der unter Mandela und Mbeki nahezu keine neoliberale Agenda ausgelassen hat, um der ganzen Welt zu beweisen, dass der ANC keine sozialistische Bewegung ist. Warum also nicht auch den Nahverkehr in die Hände von Selbständigen geben? Nunja, vielleicht deshalb, weil das oberste Ziel von Unternehmern eben doch nicht Versorgung sondern ein Plus auf dem eigenen Konto ist. Das Fehlen von Fahrplänen und ein höchst selektives Routennetz sind dabei noch die kleineren Probleme. Kurz vor der WM fiel den großen Planern in der Politik nämlich auf, dass die rollenden Ich-AGs es auch mit der Sicherheit und den Verkehrsregeln nicht immer so ganz genau nehmen. Also machte der Staat eine völlige Kehrtwende und plante die Einführung eines Schnellbussystems. Dagegen liefen natürlich die Taxifahrer Sturm, die ihre einst staatlich garantierten Arbeitsplätze völlig zu recht gefährdet sahen. Einige hatten sich nämlich für die Anschaffung eines Minibusses als Startkapital massiv verschuldet, andere ernähren mit ihrer Arbeit ganze Großfamilien. Es kam daher zu massiven Streiks, doch die Regierung blieb bei ihrer Wende. Sollte die Minibustaxi-Industrie aber wirklich mehr und mehr von der Bildfläche verschwinden, würde in Südafrika auch ein Stück öffentliche Kommunikation verloren gehen. Gemeint ist damit nicht nur das permanente Geschrei und Gepfeife des halb aus dem Fenster des fahrenden Taxis hängenden Rufers, der Kunden anlocken will. Ich würde auch die bisweilen unfassbar flachen Sprüche, die die Fahrer sich auf ihre Minibusse kleben lassen, vermissen.
Ihnen will ich in den nächsten Wochen und Monaten eine Serie widmen. Die größten Taxi-Slogans aller Zeiten. Den Anfang macht ein Taxi, dass sich neulich vor mir durch Port Elizabeths Stadtteil North End bewegte:
„Taxis are like girls. If you miss one, you take another one around the corner.“
Bald singt für Sie noch tiefer: Das Niveau.
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1 Kommentar:
Hallo Christian,
wir haben uns 2007 bei der verdi-Veranstaltung zur Berichterstattung über den G8-Gipfel kennengelernt. Ich schreibe immer noch meine Doktorarbeit über Kommunikationsstrategien globalisierungskritischer Gruppen und sichte gerade das Material zur Berichterstattung. Würdest Du mir Deine Dilomarbeit schicken? Ich glaube, dass da für mich spannende Sachen drinstehen. Meine Email findest Du auf der angegebenen URL.
Viele Grüße von
Simon
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