Dienstag, 13. Januar 2009
Jeden Tag ein neues Transportmittel
Lange habe ich ihn verschoben, doch hier folgt er nun, der dritte Teil meiner Reiseerzählungen aus – von mir aus gesehen – fernen, nördlichen Gefilden.
Zunächst kurz zurück nach Maputo. Der letzte Abend war kein leichter. Es galt Owen, meinen Londoner Freund, gebührend zu verabschieden, was auch recht gut klappte, da Owen seine verschollen geglaubte Flasche „Famous Goose“-Wiskey doch noch wieder fand – in seiner Waschtasche. Es wurde ein äußerst interessanter Abend mit einer sauberen Prise schmutzigen, schwarzen Humors. Allein für die Wortspiele werde ich irgendwann nach England ziehen… Im Verlauf des Abends investierte ich dann meine verbliebenen Meticais an der Backpacker-Bar, was zunächst zu Wohlbefinden führte, sich am nächsten Tag allerdings in doppelter Hinsicht rächen sollte. Denn zum einen verzögerte sich die für die Morgendämmerung geplante Abreise so sehr, dass ich gerade noch die Check-Out-Zeit um 10 Uhr einhalten konnte und zum anderen war mir entfallen, dass die Straße zurück zur Grenze Maut pflichtig ist. Man darf allerdings auch in Rand bezahlen, dann aber – wie immer, wenn man südafrikanisch wirkt – auch gerne etwas mehr. Erschwerend kam hinzu, dass ich meine Devisen tief im Kofferraum vergraben hatte, was die Fahrzeugführer hinter mir nicht ausschließlich mit Applaus honorierten. Am Ende konnte ich die Grenze aber zu meinem großen Erstaunen innerhalb von fünf Minuten ohne jegliche Zusatzzahlung passieren. Zweieinhalb Stunden und ein Mittagessen-Frühstück vorm Supermarkt später war ich dann auch schon mitten in den für diesen Tag anvisierten Drakensbergen.
Die höchste Bergkette Südafrikas, die im Winter sogar Skisport-Gebiet ist, hieß mich mit herrlichen Panoramablicken willkommen und so entschied ich mich nachmittags spontan zu einer kleinen Wanderung ins Ungewisse. Zu diesem Zwecke verfolgte ich einen Abzweig von der Hauptstraße, der mich über 16 Kilometer Schotterpiste zu einem Camping-Platz namens „In die Diepte“ führen sollte. Der Platz bestand aus gut gepflegten Rasenflächen, einem Plumpsklo und zwei Häusern, in denen aber niemand war. Also flux geparkt, wandertaugliches Schuhwerk an, Wasser eingepackt und auf ins Vergnügen. Schon nach kurzer Zeit erreichte ich ein kleines Bergdorf, an dessen Eingang mich gleich ein Mensch begrüßte, der gerade versucht war, mit einer Zwille Vögel zu erlegen. Die fliegende Speise durfte allerdings noch eine Weile durch die Lüfte schweben, denn der Kollege machte es sich zunächst zur Aufgabe mir sein Dorf und sein Haus zu zeigen. Reichtum sieht sicherlich anders aus, aber die Aussicht aus dem Örtchen ist definitiv majestätisch.
Unterwegs fand ich später noch ein paar Pilze, aß am Gebirgsbach mosambikanische Mangos, sah irgendein Reh ähnliches Lebewesen durch den Wald rennen und fühlte mich ein wenig wie im Harz, auch wenn der Wald anstatt Fichten aus Kiefern bestand.
Mit den Impressionen im Kopf und der Hoffnung, diese Gegend bald wieder besuchen zu können, fuhr ich zum schlafen zurück ins Örtchen Graskopp, da sich in dem Waldcamp per se kein Essen auftreiben ließ und mir eine einsame Nacht auf dem Zeltplatz dann doch etwas zu unvorsichtig erschien.
Am nächsten Morgen tingelte ich in der festen Überzeugung, erst am späten Nachmittag in Johannesburg sein zu müssen, noch ein paar touristische Highlights ab. Darunter war auch das berühmte Gods Window, eine auf Fotos recht beeindruckende Gebirgskante mit weitem Ausblick. An diesem Tag hatte sich der Gute aber allem Anschein nach ne deftige Pfeife angezündet, das Fenster war völlig vernebelt. Und auch die SMS, die mich am Fenster stehend erreichte, war wenig göttlich. Björn und Martin hingen in Tansania fest, weil – so die Gerüchte – eine Fluglinie in Konkurs gegangen war. Für mich gab es also auch keinen Grund mehr, in Johannesburg zu übernachten, jedoch musste ich den Wagen dort noch im Backpacker hinterlassen, bevor ich mich dann nach Kimberley, dem letzten Ziel meiner Reise aufmachen konnte. Die Abfahrtszeit des letzten Busses von Johannesburg nach Kimberley an diesem Tag und meine Entfernung von der Metropole sorgten dann im Zusammenspiel für eine neuerliche rasante Fahrt, die fast erfolgreich gewesen wäre, wenn ich mich nicht in dieser schönen Stadt, mit ihren schönen grauen Fassaden und ihrem beruhigend sicheren Stadtleben für gut anderthalb Stunden völlig verfranst hätte. Nach einer ausgiebigen Rundfahrt durch Hillbrow, landete ich viel zu spät im Backpacker, entschloss mich aber, abends noch wenigstens bis Bloemfontein per Bus weiter zu reisen.
Nach einer kurzen Nacht, die davon nicht länger wurde, dass der Backpacker-Boss erstmal aus der Kneipe anreisen musste und dazu ob seines Zustands einige Zeit brauchte, ging’s mit dem Minibus-Taxi nach Kimberley. Dort kam ich bei vier netten Damen namens Marieke, Elisa, Christina und Lisa (DIE Lisa) unter und sah mich in deren Projekt Thusong, einem Zuhause für Waisen- und Straßenkinder, um. Die Arbeit, die die Mädels da machen, ist echt aller Ehren wert und war für mich so spannend, dass ich es ganz verpasste mir Kimberleys Attraktion schlechthin anzusehen: Ein großes Loch, das entstand, als ein reicher Mensch arme Menschen für ihn nach Diamanten graben ließ. Aus den Unterfangen des reichen Menschen ist heute der Konzern DeBeers geworden, der Kimberley noch immer fest in der Hand hat. Wieviel Reichtum die grabende Belegschaft davon trug, lasse ich mal als Quizfrage offen.
Wenigstens das zweitgrößte Loch der Stadt konnte ich noch sehen. Es droht in absehbarer Zeit Teile von Thusong zu verschlingen.
Vorher wird aber noch die ein oder andere Partie Dame gezockt - auf alten Schranktüren und mit Kieseln und Kernen als Spielsteinen.
Nach drei Tagen Kimberley stand für mich dann die Rückreise wieder via Bloemfontein an, wobei sich mir auch noch eine offene Frage stellte. Wird das Stadion-Hotel des WM-Spielorts Bloemfontein wohl bis 2010 noch aufgehübscht, oder würde das die Atmosphäre zerstören?
Reisen müssen auch Fragen aufwerfen, sonst waren sie umsonst. Am nächsten Morgen wachte ich an der Bushaltestelle in Port Elizabeth auf. Die Tour war zuende.
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