Montag, 21. Dezember 2009
Das Ende der Winterpause
Das Bild lässt es bereits erahnen: Ich bin zurück in Südafrika. Nach der Townshipphase folgt nun Teil zwei des Plans: Mein Haus, mein Auto, mein Boot. Darüber werde ich hier auch wieder häufiger berichten. Teil eins meines Plans ist übrigens bereits gesichert, Teil zwei fehlt noch, aber der wichtigste Teil ist inzwischen vollständig angekommen und hat auch bereits die Jungfernfahrt überstanden.
In zwei Teilen habe ich meine aufpumpbare Yacht per Flugzeug unter ausschweifender Nutzung des erlaubten Reisegepäcks ins Land gebracht, inzwischen zusammengesetzt und mit Atlantikwasser geweiht. Von nun an wird sie meine Hummervorräte positiv beeinflussen...
Weil es an Bord kein Internet gibt und ich nach all der deutschen Kälte nun erstmal den landestypischen Dezemberurlaub in der Sonne verbrate, ist hier bis Januar auch noch Ruhe. Dann geht’s voll los: Ich mache mich auf zu journalistischem Schaffen in noch nie gekanntem Ausmaß und Umfang und auch die jungen Kollegen vom Schülermagazin Walmer’s Own sind zurück in ihrer “Redaktion”. Das wird spannend. Letztere sind übrigens jetzt schon fleißig und haben das Masifunde-Summercamp mit einer eigenen Camp-Zeitung begleitet. Sehr lesenswert...
Bis bald in alter Unregelmäßigkeit
Mittwoch, 18. November 2009
Selzsam live
Ich trete aus meinem Versteck hinterm Laptop hervor und benutze selbigen als Bildschmeißbasis, um mit Hilfe eines Beamers die Wernigeröder Remise zu rocken.
Tjaja, die Harzer Volksstimme hat es bereits vermeldet und es stimmt tatsächlich:
Am Donnerstag, 19. November, werde ich ab 19.30 Uhr mit einem Bildervortrag unter dem Motto "Im Township zu Hause" einen Südafrika-Bericht fern ab von Löwen und Elefanten präsentieren.
Wer wohnt eigentlich im Township und warum und warum wohnte ich dort? Ja, und wie isses so...? Wer sich dafür interessiert, ist herzlich eingeladen, in Wernigerode aufzuschlagen. Der Eintritt ist frei.
Tjaja, die Harzer Volksstimme hat es bereits vermeldet und es stimmt tatsächlich:
Am Donnerstag, 19. November, werde ich ab 19.30 Uhr mit einem Bildervortrag unter dem Motto "Im Township zu Hause" einen Südafrika-Bericht fern ab von Löwen und Elefanten präsentieren.
Wer wohnt eigentlich im Township und warum und warum wohnte ich dort? Ja, und wie isses so...? Wer sich dafür interessiert, ist herzlich eingeladen, in Wernigerode aufzuschlagen. Der Eintritt ist frei.
Mittwoch, 4. November 2009
Von Dämonen am Schreiben gehindert?
Der Kulturschock kam zum Schluss. Er kam doppelt und war damit so heftig, dass ich erst jetzt, sieben Wochen nach meiner temporären Rückkehr nach Deutschland, wieder darüber schreiben kann. Doch von vorne.
Es war ein durchschnittlich warmer und bewölkter Tag in Port Elizabeth. Der letzte Mittwoch meines Freiwilligenjahres bei Masifunde und damit auch das letzte Mal Schülermagazintreffen mit den jungen Reportern von Walmer’s Own, dem Schülermagazin der Walmer High School bei uns im Township. Die erste Ausgabe sollte an diesem Tag fertig mit dem letzten Feinschliff vollendet werden, außerdem wollten wir die Nummer 2 planen. (Soviel vorweg, Ausgabe 1 ist inzwischen fertig und auch bereits sehr erfolgreich verkauft. Sobald die digitale Version online steht werde ich den Link nachreichen und bei Interesse reiche ich auch gerne noch einen Eintrag zu diesem noch relativ jungen, aber sehr viel versprechenden Projekt nach.)
Als meine Mitstreiter Balisa, Sören und ich zur Schule kamen, waren wir zunächst überrascht, kaum noch Schüler, dafür aber die Polizei dort zu sehen. Den Grund erfuhren wir rasch. Dämonen haben von einigen Schülern Besitz ergriffen, weshalb der Schuldirektor rasch alle seine noch unversehrten Schützlinge – die „Kinder“ an einer Highschool sind so zwischen 13 und 20 Jahren alt – nach Hause schickte und sodann Polizei und einen traditionellen Heiler zur Hilfe rief. Es überrascht nicht, dass die südafrikanische Polizei den Fall nicht lösen konnte. Der Heiler vollbrachte es unter Zuhilfenahme eines Elixiers von Jahrtausende alter Tradition, einem mystischen Saft, einer Wunderlösung – oder kurz: mit einer Flasche Cola – dann aber allem Anschein nach doch, die Dämonen auszutreiben. Zu allem Überfluss spielte sich das Drama auch noch in dem Raum ab, in dem wir normalerweise unsere Redaktionssitzungen abhalten, weswegen ein Großteil der jugendlichen Redakteure schon geflohen oder vom Direktor vertrieben worden waren. Uns war es aus Sicherheitsgründen natürlich auch nicht möglich, das unheilvolle Zimmer zu betreten, weshalb ich über die genaueren Umstände der Geisteraustreibung hier auch keine Angaben machen kann. Auch ist nicht sicher überliefert, wie sich die Dämonisierung der Kinder ausdrückte, sie sollen sich aber wohl seltsam benommen haben. Balisa, eine studierte und unheimlich intelligente junge Frau, die ich sehr schätze, hat selbst großen Respekt vor Dämonen, weswegen ich mich nicht einmal entsprechend über die ganze Geschichte lustig machen konnte. Ich tröstete mich also damit, dass Menschen in meinem Kulturkreis Statuen von Frauen anbeten, weil sie glauben, dass die Statue mal geweint hat.
Um den Schock zu verarbeiten und zu anderen Zwecken, begab ich mich abends in eine Bar am Meer. Dort kam es dann noch dicker. Ein Mann mit Gitarre stand auf einer kleinen Bühne vorm Mikrofon. Neben sich hatte er einen Laptop aufgebaut, der einen grässlichen Bass und ein noch grässlicheres Schlagzeug imitierte, genau in der Art und Weise, dass der Mann mit Gitarre dazu Schmuse- und Kuschelrockhits von Größen wie Brian Adams und Noch-Nicht-Ganz-So-Größen wie den Plain White T’s singen konnte. Diese Art der halbelektronischen Akustik-Musik, die dann aus wummerden Boxen den Saal beschallt, soll wohl in Port Elizabeth, einer auch ansonsten dem kulturellen Banausentum sehr zugewandten Metropole, inzwischen recht weit verbreitet sein. Ich hatte es noch nicht gesehen und möchte auch nicht noch einmal. Noch tragischer als die Inszenierung auf der Bühne war allerdings das Schauspiel davor. In der Mehrzahl dickliche, ausschließlich weiße Männer jüngeren und mittleren Alters, reckten in einer nahezu durchchoreografierten Rhythmik und Bier getränkter Glückseeligkeit Maßkrüge in die Luft, um aus voller Kehle Klassiker von Boyzone und Co mitzugröhlen.
Fünf Tage später verließ ich das Land.
PS: Weil ich keine thematisch passenden Illustrierungen habe und ja auch irgendwie rechtfertigen muss, warum ich bald wieder zurück fliege, füge ich mal einfach noch ein paar Bilder vom Abschiedsgrillen am Meer an.
Es war ein durchschnittlich warmer und bewölkter Tag in Port Elizabeth. Der letzte Mittwoch meines Freiwilligenjahres bei Masifunde und damit auch das letzte Mal Schülermagazintreffen mit den jungen Reportern von Walmer’s Own, dem Schülermagazin der Walmer High School bei uns im Township. Die erste Ausgabe sollte an diesem Tag fertig mit dem letzten Feinschliff vollendet werden, außerdem wollten wir die Nummer 2 planen. (Soviel vorweg, Ausgabe 1 ist inzwischen fertig und auch bereits sehr erfolgreich verkauft. Sobald die digitale Version online steht werde ich den Link nachreichen und bei Interesse reiche ich auch gerne noch einen Eintrag zu diesem noch relativ jungen, aber sehr viel versprechenden Projekt nach.)
Als meine Mitstreiter Balisa, Sören und ich zur Schule kamen, waren wir zunächst überrascht, kaum noch Schüler, dafür aber die Polizei dort zu sehen. Den Grund erfuhren wir rasch. Dämonen haben von einigen Schülern Besitz ergriffen, weshalb der Schuldirektor rasch alle seine noch unversehrten Schützlinge – die „Kinder“ an einer Highschool sind so zwischen 13 und 20 Jahren alt – nach Hause schickte und sodann Polizei und einen traditionellen Heiler zur Hilfe rief. Es überrascht nicht, dass die südafrikanische Polizei den Fall nicht lösen konnte. Der Heiler vollbrachte es unter Zuhilfenahme eines Elixiers von Jahrtausende alter Tradition, einem mystischen Saft, einer Wunderlösung – oder kurz: mit einer Flasche Cola – dann aber allem Anschein nach doch, die Dämonen auszutreiben. Zu allem Überfluss spielte sich das Drama auch noch in dem Raum ab, in dem wir normalerweise unsere Redaktionssitzungen abhalten, weswegen ein Großteil der jugendlichen Redakteure schon geflohen oder vom Direktor vertrieben worden waren. Uns war es aus Sicherheitsgründen natürlich auch nicht möglich, das unheilvolle Zimmer zu betreten, weshalb ich über die genaueren Umstände der Geisteraustreibung hier auch keine Angaben machen kann. Auch ist nicht sicher überliefert, wie sich die Dämonisierung der Kinder ausdrückte, sie sollen sich aber wohl seltsam benommen haben. Balisa, eine studierte und unheimlich intelligente junge Frau, die ich sehr schätze, hat selbst großen Respekt vor Dämonen, weswegen ich mich nicht einmal entsprechend über die ganze Geschichte lustig machen konnte. Ich tröstete mich also damit, dass Menschen in meinem Kulturkreis Statuen von Frauen anbeten, weil sie glauben, dass die Statue mal geweint hat.
Um den Schock zu verarbeiten und zu anderen Zwecken, begab ich mich abends in eine Bar am Meer. Dort kam es dann noch dicker. Ein Mann mit Gitarre stand auf einer kleinen Bühne vorm Mikrofon. Neben sich hatte er einen Laptop aufgebaut, der einen grässlichen Bass und ein noch grässlicheres Schlagzeug imitierte, genau in der Art und Weise, dass der Mann mit Gitarre dazu Schmuse- und Kuschelrockhits von Größen wie Brian Adams und Noch-Nicht-Ganz-So-Größen wie den Plain White T’s singen konnte. Diese Art der halbelektronischen Akustik-Musik, die dann aus wummerden Boxen den Saal beschallt, soll wohl in Port Elizabeth, einer auch ansonsten dem kulturellen Banausentum sehr zugewandten Metropole, inzwischen recht weit verbreitet sein. Ich hatte es noch nicht gesehen und möchte auch nicht noch einmal. Noch tragischer als die Inszenierung auf der Bühne war allerdings das Schauspiel davor. In der Mehrzahl dickliche, ausschließlich weiße Männer jüngeren und mittleren Alters, reckten in einer nahezu durchchoreografierten Rhythmik und Bier getränkter Glückseeligkeit Maßkrüge in die Luft, um aus voller Kehle Klassiker von Boyzone und Co mitzugröhlen.
Fünf Tage später verließ ich das Land.
PS: Weil ich keine thematisch passenden Illustrierungen habe und ja auch irgendwie rechtfertigen muss, warum ich bald wieder zurück fliege, füge ich mal einfach noch ein paar Bilder vom Abschiedsgrillen am Meer an.
Sonntag, 23. August 2009
Selzsame Geräusche
Heute Nachmittag zwischen 16 und 20 Uhr wird meine charmante Stimme bei Bremen Vier Weltweit zu hören sein. Es geht um Südafrika, Masifunde und um mich wohl auch. Hochgradig spannend, wie ich finde, mein Magen rumort jedenfalls schon vorm Interview.
Wer aus unerfindlichen Gründen nicht in Bremen wohnt, findet hier den Livestream.
Update: Ich werde in zwei Blöcken zu hören sein und zwar um 16.40 und um 16.50 Uhr. Na denn...
Wer's verpasst hat, hier isses als MP3.
Wer aus unerfindlichen Gründen nicht in Bremen wohnt, findet hier den Livestream.
Update: Ich werde in zwei Blöcken zu hören sein und zwar um 16.40 und um 16.50 Uhr. Na denn...
Wer's verpasst hat, hier isses als MP3.
Montag, 17. August 2009
Gekommen um zu bleiben
Nun ist es vollbracht, mein Reisepass ist um einen Aufkleber reicher und der erlaubt mir, bis November 2011 im Lande zu bleiben. Darauf habe ich am Wochenende township-stilgerecht mit einer Flasche Old Brown Sherry angestoßen und nach einem kleinen Deutschland-Aufenthalt geht dann ab Dezember das Korrespondenten-Dasein in hoffentlich vollen Zügen los. Einen weiteren Vorgeschmack gibt es übrigens in der Jungen Welt von morgen.
Nebenbei bleibe ich Masifunde als Pressekontakter erhalten und erarbeite mit zwanzig top-motivierten Township-Highschool-Schülern ein monatliches Schulmagazin. Von dem Projekt werde ich demnächst auch mal mehr berichten.
Ergo: Auf diesem Blog geht es noch lange im gewohnt unregelmäßigen Trott weiter!
Viele Grüße
Christian
Nebenbei bleibe ich Masifunde als Pressekontakter erhalten und erarbeite mit zwanzig top-motivierten Township-Highschool-Schülern ein monatliches Schulmagazin. Von dem Projekt werde ich demnächst auch mal mehr berichten.
Ergo: Auf diesem Blog geht es noch lange im gewohnt unregelmäßigen Trott weiter!
Viele Grüße
Christian
Samstag, 25. Juli 2009
Young Chiefs away - love it!
Langsam wird es unheimlich:
Ich komme grad vom dritten Young-Chiefs-Spiel zurück, in dem ich von anfang an beweisen durfte. Heute stand diese Herausforderung unter einem noch schlechteren Stern als sonst sowieso schon, da zu mangelndem Talent und dem mir innewohnenden "Feindbild Ball" auch noch die Hindernisse "5 Wochen ohne Training" und "6 Flaschen Wein zu fünft am Vorabend" hinzukamen. Wie die ersten beiden Partien auch, ging es zudem auswärts ran und wieder haben wir die drei Punkte eingesackt. Ich würde mich dementsprechend ganz bescheiden als Sieggarantie einschätzen...
Schuld daran nach Überzeugung aller heute: Ich sollte das obligatorische Gebet im Mannschaftskreis vorm Anstoß übernehmen und die Jungs wollten es auf Deutsch hören. Tja, eh ich da jetzt die "Es gibt keinen Gott"-Debatte aufmache, hab ich eben schnell ein paar Worte an den Fußballgott gerichtet und siehe da - das German Soccer Muti hat gewirkt.
In einem völlig abgedrehten Spiel sind wir in Hälfte eins recht rasch in Führung gegangen, ehe sich die Stürmer standhaft weigerten eine meiner unzähligen Traumflanken zum 2:0 zu verwerten. Ich habe übrigens festgestellt, dass ich mit Rotweinkater deutlich mehr Luft zu Flankenläufen habe als ohne, was ich aber für nicht weiter bedenklich halte.
In der zweite Halbzeit konnte die Heimmannschaft, übrigens die Truppe des hiesigen Armee-Stützpunkts, dann zunächst ne Sonntags-Granate in unserem Netz platzieren. Wir hatten allerdings reichlich Chancen, den alten Abstand wieder herzustellen, einzig in der Verwertung haperte es, woran ich nicht ganz unschuldig war. So zwanzig Minuten vor Ende durfte das deutsche Pferd von der Außenbahn dann das Grün verlassen und sich an den Wassertrögen laben. Mawethu, der für mich kam, hat dann nach ner Ecke völlig freistehend aus drei Metern gleich mal den Ball zum 2:1 ins Netz gelegt.
Doch nicht nur bei der gegnerischen Abwehr war die Übersicht dahin, der Referee versagte uns in der Folge zwei eigentlich reguläre Treffer und stellte dann noch einen unserer Stürmer vom Platz, weil der einem Verteidiger, der den Ball im Liegen zwischen seinen Beinen eingeklemmt hatte, das Leder rausstochern wollte. Äußerst fragwürdig. Fünf Minuten später entwickelte sich zwischen zwei Kickern eine halbe Schlägerei, der Schiri bemerkte das allerdings erst ungefähr eine Minute später, schickte dann aber beide Jungs runter.
Die Krönung kam in der Schlussminute: Nach einem langen Ball in die Spitze läuft unser Verteidiger einem gegnerischen Stürmer klar den Ball ab und berührt ihn dabei nicht mal. Der Stürmer bleibt ohne jeden Protest steht und watschelt dann zurück, bis er mit überraschtem Jubelschrei darauf reagiert, dass der Mann mit der Pfeife tatsächlich auf Elfmeter entschieden hatte. Ob unserer Proteste regnete es dann noch etwas Gelb, ehe Chantsa, unser Keeper, den halbhoch getretenen Elfer ins Toraus abwehren konnte. Der Referee entschied auf Abstoß und pfiff dann lieber schnell ab, als der Ball in der Luft war. Das Gelächter hinter der Seitenlinie hielt allerdings noch lange an.
Ich komme grad vom dritten Young-Chiefs-Spiel zurück, in dem ich von anfang an beweisen durfte. Heute stand diese Herausforderung unter einem noch schlechteren Stern als sonst sowieso schon, da zu mangelndem Talent und dem mir innewohnenden "Feindbild Ball" auch noch die Hindernisse "5 Wochen ohne Training" und "6 Flaschen Wein zu fünft am Vorabend" hinzukamen. Wie die ersten beiden Partien auch, ging es zudem auswärts ran und wieder haben wir die drei Punkte eingesackt. Ich würde mich dementsprechend ganz bescheiden als Sieggarantie einschätzen...
Schuld daran nach Überzeugung aller heute: Ich sollte das obligatorische Gebet im Mannschaftskreis vorm Anstoß übernehmen und die Jungs wollten es auf Deutsch hören. Tja, eh ich da jetzt die "Es gibt keinen Gott"-Debatte aufmache, hab ich eben schnell ein paar Worte an den Fußballgott gerichtet und siehe da - das German Soccer Muti hat gewirkt.
In einem völlig abgedrehten Spiel sind wir in Hälfte eins recht rasch in Führung gegangen, ehe sich die Stürmer standhaft weigerten eine meiner unzähligen Traumflanken zum 2:0 zu verwerten. Ich habe übrigens festgestellt, dass ich mit Rotweinkater deutlich mehr Luft zu Flankenläufen habe als ohne, was ich aber für nicht weiter bedenklich halte.
In der zweite Halbzeit konnte die Heimmannschaft, übrigens die Truppe des hiesigen Armee-Stützpunkts, dann zunächst ne Sonntags-Granate in unserem Netz platzieren. Wir hatten allerdings reichlich Chancen, den alten Abstand wieder herzustellen, einzig in der Verwertung haperte es, woran ich nicht ganz unschuldig war. So zwanzig Minuten vor Ende durfte das deutsche Pferd von der Außenbahn dann das Grün verlassen und sich an den Wassertrögen laben. Mawethu, der für mich kam, hat dann nach ner Ecke völlig freistehend aus drei Metern gleich mal den Ball zum 2:1 ins Netz gelegt.
Doch nicht nur bei der gegnerischen Abwehr war die Übersicht dahin, der Referee versagte uns in der Folge zwei eigentlich reguläre Treffer und stellte dann noch einen unserer Stürmer vom Platz, weil der einem Verteidiger, der den Ball im Liegen zwischen seinen Beinen eingeklemmt hatte, das Leder rausstochern wollte. Äußerst fragwürdig. Fünf Minuten später entwickelte sich zwischen zwei Kickern eine halbe Schlägerei, der Schiri bemerkte das allerdings erst ungefähr eine Minute später, schickte dann aber beide Jungs runter.
Die Krönung kam in der Schlussminute: Nach einem langen Ball in die Spitze läuft unser Verteidiger einem gegnerischen Stürmer klar den Ball ab und berührt ihn dabei nicht mal. Der Stürmer bleibt ohne jeden Protest steht und watschelt dann zurück, bis er mit überraschtem Jubelschrei darauf reagiert, dass der Mann mit der Pfeife tatsächlich auf Elfmeter entschieden hatte. Ob unserer Proteste regnete es dann noch etwas Gelb, ehe Chantsa, unser Keeper, den halbhoch getretenen Elfer ins Toraus abwehren konnte. Der Referee entschied auf Abstoß und pfiff dann lieber schnell ab, als der Ball in der Luft war. Das Gelächter hinter der Seitenlinie hielt allerdings noch lange an.
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Montag, 20. Juli 2009
Mission Hummer
Ich habe einen neuen Grund, warum Südafrika – und trotz aller Gerüchte nicht Schweden – das schönste Land der Welt ist. Wer jetzt glaubt, dass Franz Beckenbauers Einschätzung, die Fußballnationalmannschaft Bafana Bafana sei ein WM-Favorit, dahinter steckt, liegt falsch. Der einzig wahre Grund ist, dass man hier auch im Winter herrlichen Sommerurlaub machen kann. Man muss nur von Port Elizabeth einen Tagesritt die Küste gen Nordosten fahren, mit Schlaglöchern übersäte Straßen überleben und nicht vergessen, abends den Sherry mit an den Strand zu nehmen – sonst ist es nämlich doch ganz schön kalt. All diese Tricks haben wir für eine Woche lang umgesetzt und tagsüber war es dann auch ohne Betäubungsmitteleinsatz sommerlich warm. Dazu wurde ich Zeuge einer immensen Verstrahlung, wie ich sie bisher selten bei einem Menschen erlebt habe. Doch der Reihe nach.
Los ging die Tour mit dem kulturellen Teil, in Grahamstown war nämlich gerade das Nationale Kunst- und Kultur-Festival, das größte Südafrikas übrigens. Und Grahamstown lag auf dem Weg, das bot sich fürs Urlaubs-Einstiegs-Wochenende also optimal an. Blöd nur, dass wir natürlich nix gebucht hatten und der Backpacker mit Horden von kulturgierigen Menschen überfüllt war. Weil Grahamstown in den Bergen liegt und derzeit mit kuscheligen Nachttemperaturen um die Gefriergrenze lockt, war das durchaus ein Problem. Weil aber gleichzeitig Festival war, konnte man diese Misslichkeit auch erstmal hinter ein paar Kaltgetränken verstecken, denn schließlich ist hier immer noch Afrika und da klappt immer alles irgendwie. Letztendlich haben wir also ziemlich zerschossen auf dem Zimmerfußboden einer Freundin genächtigt, die mit dem Kapstädter Orchester vor Ort war – und das, weil es so schön war, gleich für zwei Nächte. Der zweite Abend hielt dann noch einige ganz brauchbare Bands parat, darunter eine Ska-Kapelle deren circa 120 Kilogramm schwerer Sänger beim Umherspringen mit einem Bein durch die Spannholzplattenbühne gekracht ist. Nach kurzer Behandlungspause, um den Blutverlust wenigstens etwas einzudämmen, hat der Junge das Konzert trotzdem bravourös zu Ende gespielt und sich damit meiner Meinung nach für eine Death-Metal-Band empfohlen. Doch das nur am Rande.
Reisend ging es weiter nach Cintsa, wo wir einige Nächte hoch oben über einer Lagunenmündung residierten und tagsüber zu Fuß und per Kanu die Umgebung erkundeten. Am Ende unserer Paddeltour, die Hannah nicht zu Unrecht etwas an „Heart of Darkness“ erinnert hat, weil man so gar keinen Plan hatte, was hinter der Uferböschung kommt und dazu irgendwo Musik aus der Ferne erschallte, ereignete sich dann die obskurste Begegnung meines bisherigen Südafrikaaufenthalts. Während ich das Kanu routiniert wie immer mit kraftvollen Ruderschlägen gen Ufer trieb (Das ist noch nicht der Haupt-Witz.), brachte sich eine Schar von circa zehn Fotografen in Stellung, um uns massiv ins Visier zu nehmen. Nun war mein letztes Young-Chiefs-Spiel zwar tatsächlich erfolggekrönt, so ganz erklären konnten wir uns die Paparazzi-Brigade aber trotzdem nicht. Nachfragen half und siehe da, die jungen Damen und Herren waren Mitglieder eines US-amerikanischen Fotographie-Zirkels und zum Missionieren nach Afrika gekommen. Bilder von Hannah und mir im Boot im Sonnenuntergang sollen dann vermutlich bald dazu herhalten, Menschen das Christentum näher zu bringen. Eine phantastische Vorstellung für einen Menschen, dessen religiöseste Ausschweifung der eigene Vorname ist. Doch halten wir uns damit nicht auf, denn viel interessanter ist die Frage, welche Menschen die weit gereisten jungen Foto-Freunde mit ihrer Sicht der Welt beglücken wollen. In ländliche Regionen wolle ihre Gruppe morgen weiter reisen, sprudelt es aus der von uns inquisitorisch Ausgefragten heraus, in ein Dorf dorthin, wo es noch nicht einmal fließendes Wasser dafür aber, Achtung Zitat, „Stämme“ gibt. In ihren Augen erleuchtete förmlich das Bild des in Ledershorts und Holzsandalen mit Speer um ein Lagerfeuer hüpfenden Afrikaners, der gefangen in rückständiger, heidnischer Spiritualität nun endlich auf den richtigen Weg zum richtigen Gott gebracht werden muss. Wie das Dorf, in dem sie am Folgetag die Menschen bekehren wollte, hieß, wusste die Dame nicht, aber das ist ja vermutlich auch nicht so wichtig, da der Name wahrscheinlich eh irgendeiner Stammessprache entspringt. Hölle, wenn ich mir überlege, wie vielen Kindern man mit den Reisekosten dieser verblendeten Supermissionare die Schulausbildung finanzieren könnte, dreht sich mir der Magen um.
Wir sind am nächsten Tag nach Bulungula, einem kleinen Dorf in der Transkei weitergereist. Dort gibt es ein Backpacker, das zu 40 Prozent der Dorfgemeinschaft gehört. Aus deren Reihen kommen auch die Guides, die Kanutouren, Wanderungen mit dem Kräutersammler, Fischzüge oder Reitausflüge anbieten und sich so ihr täglich Brot verdienen. Die Initiatoren des Backpackers unterstützen außerdem die örtliche Schule und achten darauf, dass die Menschen im Dorf vom Tourismus aktiv profitieren. Das hat den genialen Nebeneffekt, dass kein Neid aufkommt, niemand bettelt und Kriminalität ein Fremdwort ist. Das alles an einem Stück traumhafter Küste und einem warmen Meer mit schier unglaublichen Hummervorkommen.
Da war ich wohl nicht zum letzen Mal. Der Link zum Backpacker lohnt sich übrigens.
Mittwoch, 10. Juni 2009
Wir komm’n jetzt im Fernsehen!
Da wir uns bei Masifunde ja nur höchstselten mit dem Zweiten abgeben, haben wir jetzt als erstes professionelles Fernsehteam auch direkt eines der ARD in Walmer Township begrüßen können. Ursprünglich wollte die dreiköpfige Crew unsere Programme ja nur an einem Sonntagnachmittag abfilmen, wir haben sie dann aber subversiv auf den Geschmack gebracht und für einen weiteren Drehnachmittag ins Jugendzentrum gelockt.
So haben die Kollegen vom Ersten, die übrigens für mich etwas überraschend aus einer rein südafrikanischen, dafür aber sehr witzigen Crew bestanden, am Montagnachmittag noch unseren Hausaufgabenclub und das Life-Skill-Programm „Learn4Life!“ gefilmt. Der Humor der Jungs lässt sich ungefähr dadurch verdeutlichen, dass sie ein Interview bei der Familie eines geförderten Jungen ganz rasant beginnen wollten, weil nebenbei der Fernseher lief und Südafrika gegen Polen gerade das 1:0 geschossen hatte. Eine Führung für Bafana Bafana, das ist eben schon ein historischer Moment, dessen Bestand meist nicht allzu lange vorhält. (Randnotiz: Die Mannschaft, deren Trainer Santana in einem Interview neulich äußerte, die WM gewinnen zu wollen und dafür den Kommentar kassierte, dass nicht viele im Land seinen Optimismus teilten, rettete das Tor aus der vierten Minute tatsächlich über die Zeit.)
Herrlich fand ich auch, dass der Kameramann im Hinblick auf den Beruf meiner Freundin (ab Januar Arzt) anmerkte, dass dann wenigstens einer von uns beiden einen ordentlichen Beruf hätte. Schön war’s, hoffen wir mal, dass es auch ein schöner Bericht wird.
Die Bilder und Interviews werden übrigens – wenn die Cutter-Schere es will – bereits am kommenden Sonntag ab 18 Uhr in der Sportschau zu begutachten sein, wo dann die neun Austragungsorte der WM im kommenden Jahr vorgestellt werden. Einschalten und Masifunde zum Tor des Monats wählen!
WICHTIGE ÄNDERUNG: Der Programmdirektor hatte was dagegen. Wir sind aus der Sportschau gestrichen, stattdessen lief der Beitrag bereits gestern im Mittagsmagazin. Die letzte Hoffnung: Am kommenden Montag, 15. Juni, sind wir noch einmal ab 22.45 im WDR in der Sendung Sport Inside zu sehen. Schluchz.
Dienstag, 9. Juni 2009
Nicht kultiviert aber „Sophie-Steak: Ate it.“
Die folgende Geschichte, der Vegetarier und zart Besaitete eventuell besser fern bleiben sollten, handelt von Sophie. Sophie ist ein Schaf. Besser gesagt war sie ein Schaf. Das da.
"Das da sieht doch niedlich aus."
Sophies Leben endete knapp dreißig Jahre nach der Geburt meines Freundes Ansgar, der an diesem Ableben nicht gänzlich unschuldig ist. Zu seinem Ehrentage wollte er seinen Gästen nach guter alter Tradition aus südafrikanischen Townships nämlich etwas Schafsfleisch servieren. Also wechselte Sophie den Besitzer und reiste im Kofferraum eines Golf I nach Walmer Township, Ansgars Hood, wie man es hier nennen würde. Man könnte also durchaus behaupten, es sei vom Golf geholt worden.
Was willst du mit dem Dolche, sprich!
Normalerweise finden Schlachtaktionen immer an einem mit Kuhhörnern besetzten Pfahl statt, der für ein Townshipgrundstück obligatorisch ist und den Schutz der Vorfahren auf die Hinterbliebenen lenkt. Da es sich bei Ansgars Fleischeslust allerdings nicht um eine Opferschlachtung handelte, riet Juice, ebenfalls ein Kumpel von uns, an eine andere Stelle des kleinen Hofs auszuweichen. Wer weiß, was die Ahnen sonst alles über uns ausgeschüttet hätten…
Du ahnst es nicht!
So passierte Sophies Rasierunfall dann auf der grünen Wiese unter den Wäscheleinen. Tapfer war die Dame, sagte keinen Mucks und auch kein Mäh. Während die Gedärme dann direkt in einen großen Eisentopf wanderten, um über einem wild zusammen gesammelten Feuer deliziös gegart zu werden, musste der geneigte Feinschmecker auf Sophies Muskelfleisch noch einen Tag warten. Direkt nach der Schlachtung schmeckt das nämlich angeblich nicht. Ich kann das so nicht bestätigen, denn als auf den beziehungsweise vom Leib geschneidertes Carpaccio schmeckt es unter Zugabe von etwas Salz auch ganz gut.
Da sagt man dann wohl rustikal zu.
So ein Schafsfell ist ja auch viel zu warm in Afrika.
Das Fell wurde übrigens auch nach Erlegung des Schafes nicht verteilt, sondern im Ganzen aufbewahrt. Liebend gern hätte ich es mit dem Auto zurück gebracht, quasi als Schafspelz im Golf, doch dazu kam es nicht. Unter dem strengen Duft einer sehr kleinteiligen aber dennoch zäh kämpfenden Sophie und der romantischen Atmosphäre eines wild flackernden Grillfeuers nahmen wir stattdessen Biss um Biss Abschied.
Tschüss Sophie!
Auch wenn Kartenspiele in Walmer Township eher weniger populär sind, haben die Menschen eine ausgesprochen starke Neigung zu Schafkopf. Am liebsten gekocht.
Nur falls mich jetzt jemand für die Sache an den Pranger stellen wollte: Ich wasche meine Hände in Unschuld!
"Das da sieht doch niedlich aus."
Sophies Leben endete knapp dreißig Jahre nach der Geburt meines Freundes Ansgar, der an diesem Ableben nicht gänzlich unschuldig ist. Zu seinem Ehrentage wollte er seinen Gästen nach guter alter Tradition aus südafrikanischen Townships nämlich etwas Schafsfleisch servieren. Also wechselte Sophie den Besitzer und reiste im Kofferraum eines Golf I nach Walmer Township, Ansgars Hood, wie man es hier nennen würde. Man könnte also durchaus behaupten, es sei vom Golf geholt worden.
Was willst du mit dem Dolche, sprich!
Normalerweise finden Schlachtaktionen immer an einem mit Kuhhörnern besetzten Pfahl statt, der für ein Townshipgrundstück obligatorisch ist und den Schutz der Vorfahren auf die Hinterbliebenen lenkt. Da es sich bei Ansgars Fleischeslust allerdings nicht um eine Opferschlachtung handelte, riet Juice, ebenfalls ein Kumpel von uns, an eine andere Stelle des kleinen Hofs auszuweichen. Wer weiß, was die Ahnen sonst alles über uns ausgeschüttet hätten…
Du ahnst es nicht!
So passierte Sophies Rasierunfall dann auf der grünen Wiese unter den Wäscheleinen. Tapfer war die Dame, sagte keinen Mucks und auch kein Mäh. Während die Gedärme dann direkt in einen großen Eisentopf wanderten, um über einem wild zusammen gesammelten Feuer deliziös gegart zu werden, musste der geneigte Feinschmecker auf Sophies Muskelfleisch noch einen Tag warten. Direkt nach der Schlachtung schmeckt das nämlich angeblich nicht. Ich kann das so nicht bestätigen, denn als auf den beziehungsweise vom Leib geschneidertes Carpaccio schmeckt es unter Zugabe von etwas Salz auch ganz gut.
Da sagt man dann wohl rustikal zu.
So ein Schafsfell ist ja auch viel zu warm in Afrika.
Das Fell wurde übrigens auch nach Erlegung des Schafes nicht verteilt, sondern im Ganzen aufbewahrt. Liebend gern hätte ich es mit dem Auto zurück gebracht, quasi als Schafspelz im Golf, doch dazu kam es nicht. Unter dem strengen Duft einer sehr kleinteiligen aber dennoch zäh kämpfenden Sophie und der romantischen Atmosphäre eines wild flackernden Grillfeuers nahmen wir stattdessen Biss um Biss Abschied.
Tschüss Sophie!
Auch wenn Kartenspiele in Walmer Township eher weniger populär sind, haben die Menschen eine ausgesprochen starke Neigung zu Schafkopf. Am liebsten gekocht.
Nur falls mich jetzt jemand für die Sache an den Pranger stellen wollte: Ich wasche meine Hände in Unschuld!
Donnerstag, 28. Mai 2009
Welch dreiste Lüge...
... schließlich gibt es ja noch andere Wahlen. Sie, verehrte Leserschaft, dürfen statistisch gesehen daran in der Mehrzahl sogar teilnehmen. Selbst wenn der Enthusiasmus für die EU-Wahlen, um die es hier geht, in der Vergangenheit in Mitgliedsländerbevölkerungskreisen tendentiell geringer war, als bei Wahlen in Südafrika, hätte ich hier den Link zu meinem Artikel zu den Wahlthemen zu bieten.
PS: Warum schlägt mich eigentlich keiner dafür, dass es hier seit Ewigkeiten keine ordentlichen Geschichten aus Walmer gab? Ah ja, weil ich ein Township-Boy bin und alle Angst vor mir haben. Das leuchtet ein...
PS: Warum schlägt mich eigentlich keiner dafür, dass es hier seit Ewigkeiten keine ordentlichen Geschichten aus Walmer gab? Ah ja, weil ich ein Township-Boy bin und alle Angst vor mir haben. Das leuchtet ein...
Dienstag, 26. Mai 2009
Neuer Lesestoff
Hier noch ein Artikel aus meiner Tagebuch-Kolumne in der Neuen Wernigeröder Zeitung. Versprochener Maßen ist das der letzte Akt zu den Wahlen...
Donnerstag, 21. Mai 2009
Plausible Argumentationen III
Es tut mir leid, ich habe immer noch keinen griffigeren Titel. Heute hätte ich aber auch "Was der Stammtisch noch wusste" über meinen Eintrag schreiben können.
Ich las nämlich gerade einen Kommentar von Egbert Niessler im Hamburger Abendblatt, der in seiner inhaltsleere schlicht phänomenal ist. Nach einer knappen Einführung ("Gewalttätige Neonazis, Linksextremisten, Islamisten - auf den ersten Blick völlig unterschiedliche Gruppierungen. Und trotz verschiedenster ideologischer Herkunft einigt sie eines: die bis zum Hass gesteigerte Unzufriedenheit mit dem demokratischen Rechtsstaat und seinen Grundwerten.") Widmet sich der Verfasser der Chronistenpflicht folgend kurz den Rechtsextremen und bezeichnet "sowohl Nazis als auch Kommunisten" als "erbärmlich gescheitert", macht Islamisten flux als Kämpfer für "eine weit hinter den Koran zurückfallende frühmittelalterliche Gesellschaft" aus, um sich etwas ausführlicher den Linksextremen zu widmen. Diese "gar nicht bildungsfernen Studenten von 1968" haben es sich seiner Erkenntnis nach nämlich vorzuwerfen, "mit Mao-Bildern und Bibeln durch die Straßen" gerannt zu seien und darüber hinaus "Trotzkisten-Gruppen" gebildet zu haben. Und weil Trotzki "eine schlimmere Diktatur als Lenin errichtet (hätte) - wenn er nur zum Zuge gekommen wäre", müsse es nach Ansicht des Verfassers "eine Aufgabe des staatlichen Repressionsapparates (sein), jene unter Kontrolle zu halten, ihnen keine Chance zu geben".
Eine völlig berechtigte Sichtweise, denn wo kämen wir denn hin, wenn Menschen auf einmal mit Bildern und Büchern durch Straßen rennen könnten und Gruppen gründen, die nach Menschen benannt sind, die eventuell Diktaturen hätten errichten können, wären sie nicht vorab im Auftrag von Diktatoren mit Eispickeln ermordet worden. Wie man merkt, ist daran nichts konstruiert. Vorsicht ist geboten. Am Ende treffen diese "Verblendeten" sich dann noch zu Hintergrundgesprächen mit der Presse. Solchem Demokratie feindlichen Wahnsinn muss natürlich mit der vollen Härte des "Repressionsapparates" (sic!) Einhalt geboten werden! Im Namen des Volkes und der Demokratie sowie zur Verteidigung unserer demokratischen Werte wie beispielsweise ... ähem, gleich hab ich's ... Meinungsfreiheit.
PS: Nur damit es nicht hinten runterfällt: Die komplette Gleichstellung von deutschem Faschismus und Kommunismus und die Bezeichnung der Verbrechen der Nazis als "erbärmlich gescheitert" verdient natürlich ebenfalls ein Sonderlob!
Wer den Link für die Nominierung zum Pulitzer-Preis braucht, hier ist er.
Ich las nämlich gerade einen Kommentar von Egbert Niessler im Hamburger Abendblatt, der in seiner inhaltsleere schlicht phänomenal ist. Nach einer knappen Einführung ("Gewalttätige Neonazis, Linksextremisten, Islamisten - auf den ersten Blick völlig unterschiedliche Gruppierungen. Und trotz verschiedenster ideologischer Herkunft einigt sie eines: die bis zum Hass gesteigerte Unzufriedenheit mit dem demokratischen Rechtsstaat und seinen Grundwerten.") Widmet sich der Verfasser der Chronistenpflicht folgend kurz den Rechtsextremen und bezeichnet "sowohl Nazis als auch Kommunisten" als "erbärmlich gescheitert", macht Islamisten flux als Kämpfer für "eine weit hinter den Koran zurückfallende frühmittelalterliche Gesellschaft" aus, um sich etwas ausführlicher den Linksextremen zu widmen. Diese "gar nicht bildungsfernen Studenten von 1968" haben es sich seiner Erkenntnis nach nämlich vorzuwerfen, "mit Mao-Bildern und Bibeln durch die Straßen" gerannt zu seien und darüber hinaus "Trotzkisten-Gruppen" gebildet zu haben. Und weil Trotzki "eine schlimmere Diktatur als Lenin errichtet (hätte) - wenn er nur zum Zuge gekommen wäre", müsse es nach Ansicht des Verfassers "eine Aufgabe des staatlichen Repressionsapparates (sein), jene unter Kontrolle zu halten, ihnen keine Chance zu geben".
Eine völlig berechtigte Sichtweise, denn wo kämen wir denn hin, wenn Menschen auf einmal mit Bildern und Büchern durch Straßen rennen könnten und Gruppen gründen, die nach Menschen benannt sind, die eventuell Diktaturen hätten errichten können, wären sie nicht vorab im Auftrag von Diktatoren mit Eispickeln ermordet worden. Wie man merkt, ist daran nichts konstruiert. Vorsicht ist geboten. Am Ende treffen diese "Verblendeten" sich dann noch zu Hintergrundgesprächen mit der Presse. Solchem Demokratie feindlichen Wahnsinn muss natürlich mit der vollen Härte des "Repressionsapparates" (sic!) Einhalt geboten werden! Im Namen des Volkes und der Demokratie sowie zur Verteidigung unserer demokratischen Werte wie beispielsweise ... ähem, gleich hab ich's ... Meinungsfreiheit.
PS: Nur damit es nicht hinten runterfällt: Die komplette Gleichstellung von deutschem Faschismus und Kommunismus und die Bezeichnung der Verbrechen der Nazis als "erbärmlich gescheitert" verdient natürlich ebenfalls ein Sonderlob!
Wer den Link für die Nominierung zum Pulitzer-Preis braucht, hier ist er.
Samstag, 9. Mai 2009
Lesestoff
Ich hatte hier ja bereits vom Wahltag berichtet, hab jetzt aber auch noch eine größere Reportage geschrieben, die heute in der jungen Welt erschienen ist. Es geht um die Bedeutung des Wählens und einiges drumherum. Wer sich für Südafrika und speziell für mehr als Löwen, Strände und verkleidete Tänzer interessiert, findet hier den Link.
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Mittwoch, 29. April 2009
Plausible Argumentationen II
Heute ein Fundstück aus der Hamburger Morgenpost. Kann es in puncto Zynik durchaus mit seinem Vorgänger aufnehmen...
"Abschiebung - weil er kein Spitzel sein will
Yassir Miloudi brachte nicht genug Infos / Jetzt soll der 24-Jährige ausgewiesen werden"
Wenn man Herrn Vahldieck jetzt darlegen würde, sämtliche seiner Lebensträume zu zerstören, wenn er nicht sofort zurücktrete, fiele das demnach wohl auch nicht unter den Straftatbestand der Nötigung...
Den ganzen Artikel gibt es hier.
"Abschiebung - weil er kein Spitzel sein will
Yassir Miloudi brachte nicht genug Infos / Jetzt soll der 24-Jährige ausgewiesen werden"
Sein Visum war abgelaufen, die Ausländerbehörde drohte mit sofortiger Abschiebung - da erschien das "Angebot" des freundlichen Beamten als rettender Anker: Yassir Miloudi (24) könne Asyl beantragen und zunächst im Land bleiben, wenn er im Gegenzug die linke Szene für den Hamburger Verfassungsschutz ausspähen würde. Der junge Marokkaner sagte zu, in der Hoffnung auf Bleiberecht und Studienplatz. Er war kein guter Spitzel, jetzt soll er abgeschoben werden.(...)
Verfassungsschutzchef Heino Vahldieck betonte auf MOPO-Nachfrage, dass der Verfassungsschutz niemanden zur Zusammenarbeit nötige.
Wenn man Herrn Vahldieck jetzt darlegen würde, sämtliche seiner Lebensträume zu zerstören, wenn er nicht sofort zurücktrete, fiele das demnach wohl auch nicht unter den Straftatbestand der Nötigung...
Den ganzen Artikel gibt es hier.
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Freitag, 24. April 2009
Wahlberichterstattung
Ich bin zwar spät dran mit der Ankündigung, aber ich schrieb zwei Vorberichte zur Wahl in Südafrika, einen für den Weser Kurier und einen für die junge Welt. Ersterer steht leider nirgends online, letzteren findet der interessierte Leser hier.
In den nächsten Tagen dürfte in den beiden Zeitungen auch noch was folgen, ich verspreche, es kund zu tun...
NACHTRAG: Der Aufmacher in der jungen Welt von heute. Ich muss gestehen, dass der Alliterationsansatz in der Überschrift nicht von mir ist und frage mich nun schon den ganzen Morgen, warum ich nicht selbst auf etwas wie "Hütten-Held hält Hoffnung hoch" gekommen bin. Gone Fishing...
In den nächsten Tagen dürfte in den beiden Zeitungen auch noch was folgen, ich verspreche, es kund zu tun...
NACHTRAG: Der Aufmacher in der jungen Welt von heute. Ich muss gestehen, dass der Alliterationsansatz in der Überschrift nicht von mir ist und frage mich nun schon den ganzen Morgen, warum ich nicht selbst auf etwas wie "Hütten-Held hält Hoffnung hoch" gekommen bin. Gone Fishing...
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Neue Reihe: Plausible Argumentationen
Heute mal wieder was nicht Südafrikanisches. Ich las gerade einen Artikel auf tagesschau.de, der darüber informierte, dass die ehrenwerte Frau Rice, ihres Zeichens ehemalige Außenministerin der USA (Mehr Lustiges von Frau Rice), von den Foltermethoden der CIA detaillierte Kenntnis hatte. Ich muss gestehen, dass mich das nicht wirklich überrascht hat, beteuere aber jeder neuen Regierung ihre Lügen auch weiterhin immer erst zu glauben, ehe sie von einer späteren Administration entlarvt werden. Sonst könnte das nämlich zu System-Schwierigkeiten führen und davon hat mein Laptop schon genug.
Während nun natürlich alle zurück rudern, gibt es aber immerhin noch mindestens einen Mann, der die Folterverhöre entschieden und plausibel verteidigt, hier seine Position, die sich am Ende des Artikels findet:
Ich finde das klasse. So hatte ich das noch gar nicht gesehen. In ihrer grenzenlosen religiösen Toleranz und Feinfühligkeit hat die Bush-Administration erkannt, dass es die religiösen Gefühle ihrer Gefangenen und Verschleppten verletzt, wenn man sie einfach in rechtsstaatlich genehmigten Verhören befragt. Somit haben sie sich aus purer Gutmenschlichkeit dazu durchgerungen, die Verdächtigen zu ihrem eigenen Wohl und in derem eigenen Interesse zu foltern, ihnen Nächte lang den Schlaf zu entziehen, sie an den Armen aufzuhängen oder ihr Ertrinken zu simulieren.
Der Mann sollte Seminare in Krisen-PR geben...
Während nun natürlich alle zurück rudern, gibt es aber immerhin noch mindestens einen Mann, der die Folterverhöre entschieden und plausibel verteidigt, hier seine Position, die sich am Ende des Artikels findet:
Nur Naivlinge regen sich auf
Nur Naivlinge könnten sich über die so genannten Folter-Verhöre aufregen, betonte jetzt Marc Thiessen, der ehemalige Redenschreiber von US-Präsident Bush: "Ich sag Ihnen, es ist naiv zu glauben, dass wir irgendwelche Informationen von diesen Leuten bekommen hätten, wenn wir nicht diese Methoden eingesetzt hätten." Schließlich habe man zahlreiche Anschläge nur dank der Verhörmethoden der CIA verhindern können, betont Thiessen.
Denn nur wenn man islamistischeTerroristen über die Grenzen des Erträglichen hinaus quäle, erlaube ihnen ihr Glaube ein Geständnis. Nur die Folter ermögliche es den Gefangenen, zunächst Allah ihre Tapferkeit zu beweisen und anschließend trotzdem den CIA über geplante Attentate zu informieren, behauptete Bushs ehemaliger Redenschreiber allen Ernstes gegenüber "Radio NPR".
Ich finde das klasse. So hatte ich das noch gar nicht gesehen. In ihrer grenzenlosen religiösen Toleranz und Feinfühligkeit hat die Bush-Administration erkannt, dass es die religiösen Gefühle ihrer Gefangenen und Verschleppten verletzt, wenn man sie einfach in rechtsstaatlich genehmigten Verhören befragt. Somit haben sie sich aus purer Gutmenschlichkeit dazu durchgerungen, die Verdächtigen zu ihrem eigenen Wohl und in derem eigenen Interesse zu foltern, ihnen Nächte lang den Schlaf zu entziehen, sie an den Armen aufzuhängen oder ihr Ertrinken zu simulieren.
Der Mann sollte Seminare in Krisen-PR geben...
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Donnerstag, 23. April 2009
Eine Wahl als Volksfest
„Wenn Wahlen etwas ändern könnten, dann wären sie verboten.“ So oder so ähnlich hat es Bertold Brecht mal gesagt. Ich fand dieses Zitat immer recht überzeugend. Bis heute.
Dieser 22. April, der Tag der vierten freien, demokratischen und für alle Bürger des Landes zugänglichen Parlamentswahlen in Südafrika, hat mir sehr eindrucksvoll vor Augen geführt, was das Wahlrecht für Menschen bedeuten kann. Es ist ein Recht, etwas Wertvolles, ein Privileg. In diesen Worten steckt viel pathetische Verklärung. Natürlich haben die meisten Leute hierzulande auch längst erkannt, dass Versprechungen und Realität sich ungefähr diametral gegenüber stehen. Natürlich gibt es daher eine gewisse Resignation. Aber es sind die allerwenigsten, die deswegen der Wahl fernbleiben würden. Die Hauptsichtweise in Südafrika ist die: Unsere Vorfahren haben lange für dieses Recht gekämpft, gute Menschen haben ihr Leben geopfert für diesen Kampf, wie respektlos wäre es also nicht zur Wahl zu gehen. Daher wird die Wahl zelebriert, das durfte ich heute erleben.
Der Wahltag war zum staatlichen Feiertag erklärt wurden, damit jeder genügend Zeit hat, zu wählen. Diese Zeit braucht man hier auch. In Kapstadts guten Vierteln steht man dem Vernehmen nach eine halbe Stunde an, in Port Elizabeths elitären Stadtteilen schon etwas länger und in Walmer Township eben sechs Stunden. So wie mein Kollege Lubabalo von 6.30 Uhr bis 12.30 Uhr. Es gab drei Wahllokale für schätzungsweise 50 000 bis 100 000 Menschen, davon vielleicht 60 Prozent wahlberechtigt. Gegen Abend sind zeitweise sogar die Stimmzettel ausgegangen, trotzdem sind die Leute in der Schlange geblieben, um irgendwann ihre Wahl treffen zu können.
Lubabalo zeigt, was man zum Wählen braucht
Apropos Schlange: Eine solche Disziplin im Anstellen gepaart mit einer solchen Gelassenheit, Freundlichkeit und guten, fast feierlichen Laune habe ich auf der ganzen Welt noch nicht gesehen. Es war wie ein Volksfest, bei dem man die ganze Zeit in einer Schlange steht. Ich habe mich eine Weile dazu gestellt, weil es einfach eine so wahnsinnig gute Stimmung war und habe Lubabalo und meinem Fußball-Trainer Baily zwischendrin einen Kaffee von Zuhause geholt. Hier und da mal ein Schwätzchen mit Bekannten und Freunden, ein kleiner Plausch mit dem Damen vom ANC-Wahlwerbungsstand, ein Chat mit den Herren von COPE – toll, bereichernd, gute Laune erzeugend.
Wahlkampf auf südafrikanisch
Und was war nicht alles befürchtet worden im Vorfeld: Ausschreitungen, Armee-Einsatz, Bürgerkrieg. Ist ja schließlich Afrika. Pustekuchen, geduldige, friedliche und gut gelaunte Menschen freuen sich, wählen zu können. Ein Privileg mehr als eine Pflicht.
Lubabalo hat übrigens eine gute Bekannte, die heute ein Wahllokal geleitet hat und hätte sich da sicher in fünf Minuten seinen Zettel holen können, um fix zu wählen. Er hat es nicht getan, nach eigener Ansage, weil er das Gefühl des Wählens, die Stimmung, die Atmosphäre voll mitnehmen wollte. Der Schreiber dieser Zeilen, der bisher noch nie ein Wahllokal von Innen gesehen hat, sondern immer per Brief gewählt hat, war ziemlich überwältigt. Ich finde, diese Menschen haben eine richtig gute Regierung verdient. Möge sich Herr Zuma, der sie aller Wahrscheinlichkeit als neuer Präsident Südafrikas anführen wird, sich das zu Herzen nehmen.
Dieser 22. April, der Tag der vierten freien, demokratischen und für alle Bürger des Landes zugänglichen Parlamentswahlen in Südafrika, hat mir sehr eindrucksvoll vor Augen geführt, was das Wahlrecht für Menschen bedeuten kann. Es ist ein Recht, etwas Wertvolles, ein Privileg. In diesen Worten steckt viel pathetische Verklärung. Natürlich haben die meisten Leute hierzulande auch längst erkannt, dass Versprechungen und Realität sich ungefähr diametral gegenüber stehen. Natürlich gibt es daher eine gewisse Resignation. Aber es sind die allerwenigsten, die deswegen der Wahl fernbleiben würden. Die Hauptsichtweise in Südafrika ist die: Unsere Vorfahren haben lange für dieses Recht gekämpft, gute Menschen haben ihr Leben geopfert für diesen Kampf, wie respektlos wäre es also nicht zur Wahl zu gehen. Daher wird die Wahl zelebriert, das durfte ich heute erleben.
Der Wahltag war zum staatlichen Feiertag erklärt wurden, damit jeder genügend Zeit hat, zu wählen. Diese Zeit braucht man hier auch. In Kapstadts guten Vierteln steht man dem Vernehmen nach eine halbe Stunde an, in Port Elizabeths elitären Stadtteilen schon etwas länger und in Walmer Township eben sechs Stunden. So wie mein Kollege Lubabalo von 6.30 Uhr bis 12.30 Uhr. Es gab drei Wahllokale für schätzungsweise 50 000 bis 100 000 Menschen, davon vielleicht 60 Prozent wahlberechtigt. Gegen Abend sind zeitweise sogar die Stimmzettel ausgegangen, trotzdem sind die Leute in der Schlange geblieben, um irgendwann ihre Wahl treffen zu können.
Lubabalo zeigt, was man zum Wählen braucht
Apropos Schlange: Eine solche Disziplin im Anstellen gepaart mit einer solchen Gelassenheit, Freundlichkeit und guten, fast feierlichen Laune habe ich auf der ganzen Welt noch nicht gesehen. Es war wie ein Volksfest, bei dem man die ganze Zeit in einer Schlange steht. Ich habe mich eine Weile dazu gestellt, weil es einfach eine so wahnsinnig gute Stimmung war und habe Lubabalo und meinem Fußball-Trainer Baily zwischendrin einen Kaffee von Zuhause geholt. Hier und da mal ein Schwätzchen mit Bekannten und Freunden, ein kleiner Plausch mit dem Damen vom ANC-Wahlwerbungsstand, ein Chat mit den Herren von COPE – toll, bereichernd, gute Laune erzeugend.
Wahlkampf auf südafrikanisch
Und was war nicht alles befürchtet worden im Vorfeld: Ausschreitungen, Armee-Einsatz, Bürgerkrieg. Ist ja schließlich Afrika. Pustekuchen, geduldige, friedliche und gut gelaunte Menschen freuen sich, wählen zu können. Ein Privileg mehr als eine Pflicht.
Lubabalo hat übrigens eine gute Bekannte, die heute ein Wahllokal geleitet hat und hätte sich da sicher in fünf Minuten seinen Zettel holen können, um fix zu wählen. Er hat es nicht getan, nach eigener Ansage, weil er das Gefühl des Wählens, die Stimmung, die Atmosphäre voll mitnehmen wollte. Der Schreiber dieser Zeilen, der bisher noch nie ein Wahllokal von Innen gesehen hat, sondern immer per Brief gewählt hat, war ziemlich überwältigt. Ich finde, diese Menschen haben eine richtig gute Regierung verdient. Möge sich Herr Zuma, der sie aller Wahrscheinlichkeit als neuer Präsident Südafrikas anführen wird, sich das zu Herzen nehmen.
Donnerstag, 9. April 2009
Wort zum Samstag
Das Wort zum Samstag kommt diesmal schon am Donnerstag. Das hat zwei Gründe: Erstens bin ich Samstag nicht da und zweitens ist der Spruch so gruselig, den kann ich unmöglich zwei weitere Tage in meinem Kopf behalten. Also raus damit:
"In diesem Fall hat Oddo das Abseits aufgehoben - wenn es denn überhaupt eins gab."
Marcel Reif
Danach war er für seine Verhältnisse ziemlich lange ruhig. Was ich verstehen kann...
PS: Es gibt neue Berichte vom Masifunde-Ferienprogramm auf der Masifunde-Website.
"In diesem Fall hat Oddo das Abseits aufgehoben - wenn es denn überhaupt eins gab."
Marcel Reif
Danach war er für seine Verhältnisse ziemlich lange ruhig. Was ich verstehen kann...
PS: Es gibt neue Berichte vom Masifunde-Ferienprogramm auf der Masifunde-Website.
Mittwoch, 1. April 2009
Fischotter of Death
Bei gefährlichen Tieren in Südafrika fällt einem ja so einiges ein. Die tödlichen Pranken des Löwen, die wahrhaftig fast blinde Wut des Nashorns, die krasse Masse von Elefant oder Flusspferd, ja selbst noch die List des Büffels – allesamt nicht besonders gesund für den ungeschützten Menschen. Auch im Wasser lauert so einiges, Krokodile und Haie lassen uns in Horrorfilm-Fantasien abtauchen. Mich hat das ja bisher eher wenig beeindruckt. Ich verfiel nicht einmal in Panik, als ich beim Hummertauchen nahe der False Bay, einer der wohl am dichtesten mit Weißen Haien bevölkerten Bucht der Welt, bemerkte, dass sich mein Tauchhandschuh rot gefärbt hatte, weil die kleinen Hummer mir ein paar Kratzer in die Haut gehackt hatten. Der Kenner sieht: Hier schreibt ein richtig harter Hund. Nun hat mir aber doch ein Tier das fürchten gelehrt. Hier der Thriller, zart Besaitete sollten lieber woanders weiter lesen:
Umstrittene Beutetiere
Auf der Jagd nach Alikreukeln, meinen Lieblingsseeschnecken, die inzwischen einen wesentlichen Teil meines Fleischverzehrs stellen, schnorchelte ich vor der Küste Port Elizabeths ruhig und friedlich umher. Weil die See etwas rau war, entschloss ich mich während des Tauchgangs, kurz zur Rast auf einen Felsen zu klettern. Nach kurzer Zeit wurde ich von dort aus auf einen scheinbar possierlichen Fischotter aufmerksam, der das Spiel der Wellen zu genießen schien und quietschfidel und jungfräulich in der Gischt planschte. Durch Zahnpastawerbung mit ähnlichen Tieren von Kindesbeinen an in die Irre geleitet entschloss ich mich, den kleinen Racker auch einmal unter Wasser zu betrachten. Leider hatte ich den Augenkontakt allerdings kurz darauf verloren, machte mich aber trotzdem auf den Weg zurück in den Ozean. Als ich hüfttief im Wasser stand, senkte ich mein weises Haupt, um mit Hilfe der Taucherbrille erspähen zu können, ob auch kein Felsen dem Hineingleiten im Wege stünde. Ein Felsen war da nicht. Jedoch schwamm der ach so freundliche Fischotter in hohem Tempo und mit gefletschten Zähnen bis auf circa einen Meter auf mich zu. Normalerweise fletsche ich da ja gern zurück, da das mit dem Schnorchel im Mund aber nicht ging, bewegte ich mich so schnell zurück auf den Felsen, wie ich wohl noch nie auf einen Felsen gesprungen bin. Der Fischotter hat dann in offensichtlicher Einschüchterungstaktik noch für ein paar Minuten enge Bahnen entlang meines Rückzugsfelsens gezogen, ehe er irgendwann wohl doch kapiert hat, dass ich KEIN anderer Fischotter bin.
Phantombild
Eine seltsame, beängstigende Geschichte. Und ein komisches Tier. Denn ich bewege mich zwar aus ideologischen Gründen im Volk wie ein Fisch im Wasser, dennoch sollte mich ein Fischotter noch von seiner Beute unterscheiden können, zumal ja grad kein Volk da war. Ich bin also sauer, auf den Anglerkollegen mit den Hauerzähnen, denn er hat mich übel bloß gestellt. Während andere hier mit Haien tauchen, zittere ich auf meinem Felsen vor einem Otter. Ernüchternd. Rache nehmend will ich aber wenigstens noch exklusiv verraten, dass Fischotter, wenn sie nicht zugegebenermaßen elegant unter der Oberfläche entlang tauchen, beim normalen Schwimmen ein ziemlich ärmliches Hundepaddeln an den Tag legen. Der Blick geht dabei aber fixierend und starr voraus. Da sieht man die Verwandtschaft zum Löwen dann wieder…
Umstrittene Beutetiere
Auf der Jagd nach Alikreukeln, meinen Lieblingsseeschnecken, die inzwischen einen wesentlichen Teil meines Fleischverzehrs stellen, schnorchelte ich vor der Küste Port Elizabeths ruhig und friedlich umher. Weil die See etwas rau war, entschloss ich mich während des Tauchgangs, kurz zur Rast auf einen Felsen zu klettern. Nach kurzer Zeit wurde ich von dort aus auf einen scheinbar possierlichen Fischotter aufmerksam, der das Spiel der Wellen zu genießen schien und quietschfidel und jungfräulich in der Gischt planschte. Durch Zahnpastawerbung mit ähnlichen Tieren von Kindesbeinen an in die Irre geleitet entschloss ich mich, den kleinen Racker auch einmal unter Wasser zu betrachten. Leider hatte ich den Augenkontakt allerdings kurz darauf verloren, machte mich aber trotzdem auf den Weg zurück in den Ozean. Als ich hüfttief im Wasser stand, senkte ich mein weises Haupt, um mit Hilfe der Taucherbrille erspähen zu können, ob auch kein Felsen dem Hineingleiten im Wege stünde. Ein Felsen war da nicht. Jedoch schwamm der ach so freundliche Fischotter in hohem Tempo und mit gefletschten Zähnen bis auf circa einen Meter auf mich zu. Normalerweise fletsche ich da ja gern zurück, da das mit dem Schnorchel im Mund aber nicht ging, bewegte ich mich so schnell zurück auf den Felsen, wie ich wohl noch nie auf einen Felsen gesprungen bin. Der Fischotter hat dann in offensichtlicher Einschüchterungstaktik noch für ein paar Minuten enge Bahnen entlang meines Rückzugsfelsens gezogen, ehe er irgendwann wohl doch kapiert hat, dass ich KEIN anderer Fischotter bin.
Phantombild
Eine seltsame, beängstigende Geschichte. Und ein komisches Tier. Denn ich bewege mich zwar aus ideologischen Gründen im Volk wie ein Fisch im Wasser, dennoch sollte mich ein Fischotter noch von seiner Beute unterscheiden können, zumal ja grad kein Volk da war. Ich bin also sauer, auf den Anglerkollegen mit den Hauerzähnen, denn er hat mich übel bloß gestellt. Während andere hier mit Haien tauchen, zittere ich auf meinem Felsen vor einem Otter. Ernüchternd. Rache nehmend will ich aber wenigstens noch exklusiv verraten, dass Fischotter, wenn sie nicht zugegebenermaßen elegant unter der Oberfläche entlang tauchen, beim normalen Schwimmen ein ziemlich ärmliches Hundepaddeln an den Tag legen. Der Blick geht dabei aber fixierend und starr voraus. Da sieht man die Verwandtschaft zum Löwen dann wieder…
Montag, 30. März 2009
Honig-Sieg (oder: Wie Holland selzsam unterging)
Wer Nationen ungefähr so toll findet wie Senf auf Marmelade (wobei anzumerken ist, dass Senf wenigstens manchmal eine sinnvolle Verwendung finden kann), der geht auch auf Länderspiele nicht so wirklich ab. Eine Ausnahme gibt’s aber beim Fußball und die – da bin ich voll mit Funny van Dannen – heißt Holland. Am vergangenen Sonntag stand nun erneut ein Vergleich der Young Chiefs Jungs aus Walmer gegen eine niederländische Auswahl an. Ich hatte leider erst noch zu tun und konnte erst Mitte der ersten Hälfte aufschlagen. Nach der 3:4-Schmach im letzten Aufeinandertreffen mit den Tulpen hatte ich meine Kollegen natürlich ordentlich eingeschworen, mich dieses Mal nicht hängen zu lassen, trotzdem gab es erstmal nicht viel zu feiern: eins zu eins der Spielstand. Kollege Sbu ließ aber recht bald das 2:1 folgen und dank eines glücklichen Treffers kurz vor der Pause ging es mit einem ordentlichen 3:1 in die nicht vorhandenen Kabinen. Wir haben hier dafür aber Honig, den wir natürlich nicht hätten, gäbe es Kabinen. Doch das nur am Rande.
Der Coach war mit dem gezeigten äußerst unzufrieden, polterte ordentlich los, war allerdings auch immer noch diskreditiert, weil er – obwohl in der ersten Halbzeit als Schiedsrichter fungierend – das 3:1 erst mitbekommen hatte, als ein Oranje mit dem Ball in der Hand gen Anstoßkreis lief. Die am Spielfeldrand ähnlich einer Robben-Kolonie aufgereihten Ladies der Holländer waren für ihn wohl ansehnlicher als das Gekicke. Obwohl unser Spiel bis dato wahrlich nicht perfekt war, kann ich diese Ansicht keineswegs teilen. Zumal mir diese possierlichen Schnicksen kurz nach der Einwechslung auch immer sympathischer wurden, indem sie einem Kumpel von mir verklickerten, dass es total lustig wäre, zwei Finger auf die Oberlippe zu legen, den rechten Arm in die Höhe zu strecken und dazu im Stechschritt am Spielfeldrand auf und ab zu stolzieren. Der Gute hatte natürlich keine Ahnung, was er da gerade aufführte. Ich überlegte kurz, den Cantona zu machen, gab mich dann aber doch mit einer sportlichen Antwort zufrieden. Nachdem ich zu unserem 9:1-Sieg zwei Buden und zwei Vorlagen beigesteuert hatte, durfte die Reisegruppe wieder in ihr Nobelviertel fahren. Was ein Tag, erstmals für die Young Chiefs getroffen, die rechte Seite mehr als dicht gemacht, erschöpft vom Platz getrottet und was sehe ich da: Kein Wasser da, aber Bier. Das ist mein Young Chiefs! Zur Ehrenrettung für die Holländer sei noch gesagt, dass die Leute, die die Spiele mit uns organisieren, absolut in Ordnung sind. Und der Rest sind eben Fans, die freuen sich halt. Oder so. Und vor allem schlau wie ein Marmeladenbrot mit Senf.
Der Coach war mit dem gezeigten äußerst unzufrieden, polterte ordentlich los, war allerdings auch immer noch diskreditiert, weil er – obwohl in der ersten Halbzeit als Schiedsrichter fungierend – das 3:1 erst mitbekommen hatte, als ein Oranje mit dem Ball in der Hand gen Anstoßkreis lief. Die am Spielfeldrand ähnlich einer Robben-Kolonie aufgereihten Ladies der Holländer waren für ihn wohl ansehnlicher als das Gekicke. Obwohl unser Spiel bis dato wahrlich nicht perfekt war, kann ich diese Ansicht keineswegs teilen. Zumal mir diese possierlichen Schnicksen kurz nach der Einwechslung auch immer sympathischer wurden, indem sie einem Kumpel von mir verklickerten, dass es total lustig wäre, zwei Finger auf die Oberlippe zu legen, den rechten Arm in die Höhe zu strecken und dazu im Stechschritt am Spielfeldrand auf und ab zu stolzieren. Der Gute hatte natürlich keine Ahnung, was er da gerade aufführte. Ich überlegte kurz, den Cantona zu machen, gab mich dann aber doch mit einer sportlichen Antwort zufrieden. Nachdem ich zu unserem 9:1-Sieg zwei Buden und zwei Vorlagen beigesteuert hatte, durfte die Reisegruppe wieder in ihr Nobelviertel fahren. Was ein Tag, erstmals für die Young Chiefs getroffen, die rechte Seite mehr als dicht gemacht, erschöpft vom Platz getrottet und was sehe ich da: Kein Wasser da, aber Bier. Das ist mein Young Chiefs! Zur Ehrenrettung für die Holländer sei noch gesagt, dass die Leute, die die Spiele mit uns organisieren, absolut in Ordnung sind. Und der Rest sind eben Fans, die freuen sich halt. Oder so. Und vor allem schlau wie ein Marmeladenbrot mit Senf.
Freitag, 20. März 2009
Hummer, Hummer, Hummer tätäräää
Große Erfolge muss man erstmal in Ruhe verdauen. So langsam habe ich mein neuestes Jahrhundertereignis allerdings verdaut und kann darüber berichten. Nach gefühlten tausend erfolglosen Jahren auf der Jagd nach Hummern ist es mir endlich gelungen, im Unterwasserkampf mit dem West Coast Rock Lobster die Oberhand zu behalten.
Ein kurzer Rückblick: Bereits im Jahre 2005 streifte ich durch die kalten Wasser des atlantischen Ozeans rund um Kapstadt, um Delikatessen für den Teller zu erbeuten. Es hat auch hier und da mal vom Boot mit dem Ringnetz geklappt, in der Königsdisziplin, dem Hummer-Tauchen, blieb ich jedoch immer zweiter Sieger, eine kurze Berührung der Tierchen war da schon das höchste der Gefühle. Diese Misserfolgsserie setzte sich nun auch in 2009 gnadenlos fort, bis ich mir vor exakt einer Woche während meines Kapstadt-Aufenthalts im Anschluss an den Film-Trip meinen unschlagbaren Hummerjäger-Tauchanzug zugelegt habe.
Mit vier Millimeter dickem Neopren perfekt geschützt gegen die Eiseskälte des antarktischen Benguela-Stroms und dank eleganter Passgenauigkeit flexibel und beweglich wie ein Revolutionär im Wasser (oder Fisch im Volk) glitt ich durch die Fluten und konnte mit explosionsartigem Zugreifen die Schalentiere an der Flucht hindern. Zwei von ihnen am Samstag und ganze acht (das erlaubte Maximum wenn man wie ich Fuchs noch einen zweiten Menschen mit Hummer-Fang-Lizenz mitbringt) am Sonntag. Sollte ich mich in diesem Absatz selbst glorifiziert haben, so geschah das zufällig und keinesfalls gewollt. Ähnlichkeiten zu lebenden oder toten Personen sind nicht beabsichtigt und sowieso.
Hummer schmecken übrigens am besten, wenn man die Schwänze halbiert und auf Alufolie über Holzkohle grillt. Dabei ist zu beachten, dass das sehr eiweißhaltige Fleisch regelmäßig mit flüssiger Knoblauchbutter bestrichen wird. Dazu passt Reis oder eine Feuerkartoffel. Fehlen euch nur noch die Hummer, ne… Sorry für die Gehässigkeit. Zur Entschuldigung gibt’s einen fotografischen Gute-Nacht-Gruß aus Kapstadt.
Ein kurzer Rückblick: Bereits im Jahre 2005 streifte ich durch die kalten Wasser des atlantischen Ozeans rund um Kapstadt, um Delikatessen für den Teller zu erbeuten. Es hat auch hier und da mal vom Boot mit dem Ringnetz geklappt, in der Königsdisziplin, dem Hummer-Tauchen, blieb ich jedoch immer zweiter Sieger, eine kurze Berührung der Tierchen war da schon das höchste der Gefühle. Diese Misserfolgsserie setzte sich nun auch in 2009 gnadenlos fort, bis ich mir vor exakt einer Woche während meines Kapstadt-Aufenthalts im Anschluss an den Film-Trip meinen unschlagbaren Hummerjäger-Tauchanzug zugelegt habe.
Mit vier Millimeter dickem Neopren perfekt geschützt gegen die Eiseskälte des antarktischen Benguela-Stroms und dank eleganter Passgenauigkeit flexibel und beweglich wie ein Revolutionär im Wasser (oder Fisch im Volk) glitt ich durch die Fluten und konnte mit explosionsartigem Zugreifen die Schalentiere an der Flucht hindern. Zwei von ihnen am Samstag und ganze acht (das erlaubte Maximum wenn man wie ich Fuchs noch einen zweiten Menschen mit Hummer-Fang-Lizenz mitbringt) am Sonntag. Sollte ich mich in diesem Absatz selbst glorifiziert haben, so geschah das zufällig und keinesfalls gewollt. Ähnlichkeiten zu lebenden oder toten Personen sind nicht beabsichtigt und sowieso.
Hummer schmecken übrigens am besten, wenn man die Schwänze halbiert und auf Alufolie über Holzkohle grillt. Dabei ist zu beachten, dass das sehr eiweißhaltige Fleisch regelmäßig mit flüssiger Knoblauchbutter bestrichen wird. Dazu passt Reis oder eine Feuerkartoffel. Fehlen euch nur noch die Hummer, ne… Sorry für die Gehässigkeit. Zur Entschuldigung gibt’s einen fotografischen Gute-Nacht-Gruß aus Kapstadt.
Donnerstag, 12. März 2009
Filmstars mit Singstar
Das Titelbild hat diesmal keine erweiterte Bedeutung. Es ist einfach nur filmreif. Genau wie die letzten Wochen. Von denen war das aber auch erwartet worden. Schließlich filmten wir.
Also, gutes Foto, schlechte Kalauer, alles beim alten und damit in den neuesten Reisebericht.
Das sonnige Bild ist übrigens irgendwo auf dem Weg zwischen Kimberley und Kapstadt entstanden. Die Verkehrsdichte in der Karoo-Halbwüste ist da nicht immer so hoch, wenn mal was kommt, dann aber auch gern zwei LKW auf einmal. Man hat ja noch den Standstreifen zum Ausweichen – angenehmes Reisen… Dass ich diese Gegend überhaupt schon wieder zu Gesicht bekam, verdanke ich dem Videojournalisten Michael Wigge, der nach Südafrika gekommen ist, um eine Doku über Land, Leute und Kontraste zu drehen.
Der höchste Hügel in Walmer Township: Einst Truppenübungsplatz, heute media mountain.
Das Werk soll deutschen Schülern der Klassenstufen sieben und acht bald im Geografieunterricht als Lehrfilm dienen. Und damit die Kinners das auch aus einer adäquaten Perspektive vermittelt bekommen, dienten Masifundes dreizehnjähriges Patenkind Sarah und ihre beste Freundin Farah als Hauptdarsteller. Die Freundin kommt aus einer (übrigens ziemlich coolen und Seafood-erprobten) Mittelstandsfamilie und Sarah aus dem Township. Gebe es nicht Masifunde und die Bildungspatenschaften hätten sie sich vermutlich nie getroffen. Nun spielen sie im Film zusammen Singstar und erfreuen sich noch tausend anderer Sachen. Die Kontakte zu den Kids und der Schule, sowie den „Sicherheitsdienst“ im Township und ein paar andere Kleinigkeiten hatte ich für Michael organisiert, sodass ich mich endlich mal wie ein echter Pressebetreuer fühlen durfte. Coooool. Dazu gibt’s noch zwei immens wichtige Experten-Kommentare meinerseits auf dem Tape, sodass neben Masifunde auch ich künftig berühmt sein dürfte… Naja, ich wäre schon sehr zufrieden damit, solch einen Job noch öfter machen zu können. Hat nämlich echt Spaß gemacht.
Sarah beim Dreh Zuhause.
Die Dreharbeiten waren recht umfangreich, erstmal ging’s in die Schule, dann ins Township, zu beiden Eltern und dann noch an tausend Orte, um den Info-Teil für Südafrika zu bebildern. Wilde Tiere, tiefe Minen und weite Flächen mussten her, dazu ein paar Museen und Denkmäler für den Geschichtsteil.
Zwischendrin spielte sich kurz vor Ende unserer Drehzeit in Port Elizabeth noch eine denkwürdige Szene ab. Michael und ich suchten in der Dresden Bakery, der deutschen Bäckerei von Port Elizabeth, die übrigens von einer ehemals Hamburger Familie geführt wird, nach einem zweiten Frühstück. Der Kuchen war lecker, der Cappuccino auch, doch das allein wäre kaum berichtenswert. Als Michael bezahlen wollte, fasste sich die Bäckersfrau ein Herz und fragte ihn in bestem Hamburger Schnack: "Sagen sie mal, sind Sie nicht der Michael Wigge vom Deutsche Welle Fernsehen?" Da er es war und das auch zugab, lud sie uns nach kurzem Klönschnack ein, mit ihrem Sohn an einem mysteriösen Jeep-Wettbewerb teilzunehmen. Wir schlugen ein, befürchteten jedoch ein waghalsiges Rennen durch wildes Terrain. Aber weit gefehlt, Sohn David entpuppte sich als sehr relaxter, aber dennoch zielstrebiger Genosse und Ziel des Wettbewerbs war es in ruhigem Tempo möglichst kuriose Aufgaben am Rande der Strecke zu bewältigen. So suchten wir nach Schlossfabrikaten an Flußwehren, mussten Bilder mit einem Naturreservat-Tor-Wächter machen, nach Warnschildern suchen und zum Höhepunkt unter dem Druck der Stoppuhr in den nächtlichen Busch rennen, ein Bild mit einem komischen verrosteten Metall-Teil machen, zurückkehren, ein Rad vom Jeep schrauben, einmal um den Wagen tragen, wieder befestigen und einsteigen. 12:40 Minuten. Durchschnitt. Egal, das Bier hat geschmeckt, die Landschaft war hervorragend und ein paar Büffel haben uns auch noch kurz gute Nacht gesagt. Toll!
Unsere Jeep-Crew: David (links) und sein Co-Pilot Keith.
Dieses formschöne Bild ist ebenfalls ein Relikt dieser herausfordernden Tour...
Nach einer Woche in Port Elizabeth haben wir uns dann aber auf den Weg gemacht, um die fehlenden Doku-Aufnahmen im Lande einzuholen. Das heißt dann natürlich, dass das Verhältnis zwischen reisen und filmen etwas kurios wird, wenn man ewig weit fährt, um kurz eine Wüste zu filmen, aber ohne Mühen kein schicker Film. Und als Nebenprodukt konnte ich immerhin noch ein paar Fotos mit nach Hause nehmen. Ich bin daher mal schreibfaul, nutze das gute Internet in Kapstadt und beeindrucke nicht buchstäblich aber bildlich.
Hier versucht sich ein Nashorn im Kragga Kamma Game Park zu verstecken. Das ist allerdings recht schwer, weil der kleine Wildpark eher einer Farm für wilde Tiere ähnelt, viel freie Fläche, perfekt zum filmen, etwas doof für die Tiere, wenn sie mal unter sich sein wollen. Aber vielleicht wollen sie ja gar nicht. Die Menschen schießen hier ja nur digital.
Auch die Büffel offenbaren sich an gleicher Stelle. Dieses Foto taugt übrigens dazu, meine Theorie zu belegen, dass Büffel nur große Kühe sind.
Und hier noch ein paar große Pferde mit Flecken.
Das ist alles, was Südafrika als Ehre für den Freiheitskämpfer Steve Biko an der Stelle übrig hat, an der Apartheids-Polizisten ihn so schwer folterten, dass er an den Verletzungen später bei der Überführung auf der blanken Ladefläche eines Kastenwagens 30-jährig starb. Der Zellentrakt wird noch immer für Häftlinge benutzt.
Das weltberühmte Big Hole, leider auch schon die Hauptattraktion der Diamantenhauptstadt Kimberley. Die Entstehung ist landestypisch: Ein Diamantenbaron ließ es von mit Hungerlöhnen abgespeisten Arbeitern auf der Hatz nach Glitzersteinen graben, strich den Reichtum und den Ruhm ein und ließ die Arbeiter fein arm.
Michael beim Filmen einer total echten Diamantenmine.
"Scotland is poorer in men but richer in heroes", teilt uns dieses Denkmal für die Schotten, die 1899 während des Zweiten Burenkrieges in der Schlacht von Magersfontein fielen, mit. Na denn.
Diese Schildkröte bewohnt die kargen Weiten der Karoo. Nun wissen wir auch, warum dort so wenig Gras wächst.
So sieht die Karoo aus - betrachtet aus dem Fenster meines Schlafzimmers im Karoo National Park. Sie sieht aber eigentlich überall so aus.
Achso, ich hab jetzt übrigens auch ne Katze.
Der Abendhimmel über meinem Lieblings-Schnorkelstrand in Port Elizabeth. Gute Nacht!
Donnerstag, 5. März 2009
Aus der Schlacht berichtet für Sie...
Einen Artikel zum Mythos "Gewaltätiger Wahlkampf" in Südafrika habe ich für die junge Welt geschrieben. Wer Blut sehen will, sollte anderweitig suchen, non-science-fiction gibt's hier.
Mittwoch, 25. Februar 2009
Lesestoff
Ich bin abseits der großen Fußball-Bühne derzeit ziemlich stark in einen Doku-Dreh eingebunden, von dem ich noch berichten werde, da kommt es mir äußerst gelegen, Euch, verehrter Leserschaft, zwei neue Artikel aus der Neuen Wernigeröder Zeitung vorzustellen, die ab sofort im Masifunde-Pressespiegel abrufbar sind. Da ich darin künftig regelmäßig Tagebuch schreibe und längst nicht nur deswegen lohnt sich für den geneigten Leser guter und mit Herzblut gemachter Lokalpresse aus Wernigerode und umzu vielleicht auch ein Abo. Den Link zum Verlag gibt's in der Spalte rechts. Aber hier und hier erstmal die Texte...
Viva Globalisierung!
Das hier wird soweit ich mich erinnern kann (also seit letztem Montag) die verrückteste Aktion, die ich arbeitstechnisch bisher in meinem Leben verzapft habe: Ich werde bei bremen4u am morgigen Abend das UEFA-Cup Sechzehntelfinal-Rückspiel zwischen dem AC Mailand und Werder Bremen im Live-Blog kommentieren!
Nun fühle ich mich als alter Sofaexperte zwar fachlich für eine derartige Aufgabe einigermaßen gewappnet, hielt mich bisher aber aus rein räumlich-geografischen Gründen für nicht unbedingt predestiniert. Doch weit gefehlt. Denn wie wir ja alle wissen, ist in Südafrika alles viel toller als in Deutschland, weswegen im südafrikanischen Fernsehen SELBSTVERSTÄNDLICH das für die Menschen hier ultimativ-maximal bedeutende Spiel Milan gegen Werder übertragen wird, was in Deutschland leider nur am Radio verfolgt werden kann. Und da bremen4u nicht vom Hörensagen berichtet, bin ich nun der Live-Blog-Reporter. Also klickt Euch zahlreich ein, man kann sogar live dumme (und schlaue) Kommentare hinterlassen.
Nun fühle ich mich als alter Sofaexperte zwar fachlich für eine derartige Aufgabe einigermaßen gewappnet, hielt mich bisher aber aus rein räumlich-geografischen Gründen für nicht unbedingt predestiniert. Doch weit gefehlt. Denn wie wir ja alle wissen, ist in Südafrika alles viel toller als in Deutschland, weswegen im südafrikanischen Fernsehen SELBSTVERSTÄNDLICH das für die Menschen hier ultimativ-maximal bedeutende Spiel Milan gegen Werder übertragen wird, was in Deutschland leider nur am Radio verfolgt werden kann. Und da bremen4u nicht vom Hörensagen berichtet, bin ich nun der Live-Blog-Reporter. Also klickt Euch zahlreich ein, man kann sogar live dumme (und schlaue) Kommentare hinterlassen.
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Samstag, 21. Februar 2009
Freitag, 20. Februar 2009
Terrorverdächtige Minderjährige malen Bilder von Menschen mit Turban
Ich will diesen Blog ja nicht über die Maßen politisieren und schon gar nicht überdeutschen, aber was zur Hölle geht denn bei Euch in Deutschland bitte ab? Hier!
Da kann man ja die Gesetze zur Stammzellenforschung und zur Terrorzellenbekämpfung auch gleich noch zusammenlegen, denn ich bin mir sicher, bald kommt der erste, der beisteuert, dass man solche "Tendenzen zum Bösen im Blut" haben müsste. Womit die christlich-moralistische Union dann natürlich vor einem Dilemma stünde. Dürfen künstlich befruchtete Eizellen auf ihr Erbgut untersucht werden, wenn man dadurch ausschließen kann, kleine Terroristen an unser gesegnetes deutsches Erdenlicht zu bringen? Kann man eine so große Bedrohung einfach der Allmacht Gottes überlassen? Und welchen Sonderweg kann Bayern gehen? Ich denke, die Union steht vor einem heftigen Flügelkampf und präge hiermit schon einmal die sicherlich dabei noch häufig benötigten Vokabeln "Konservo-Sponti" und "Christ-Realo".
Viel Spaß ansonsten weiter im schönen Deutschland und passt auf, dass sich in eurer Umgebung keine Kinder aufhalten, die ihre Weihnachtssterne rot ausmalen.
Da kann man ja die Gesetze zur Stammzellenforschung und zur Terrorzellenbekämpfung auch gleich noch zusammenlegen, denn ich bin mir sicher, bald kommt der erste, der beisteuert, dass man solche "Tendenzen zum Bösen im Blut" haben müsste. Womit die christlich-moralistische Union dann natürlich vor einem Dilemma stünde. Dürfen künstlich befruchtete Eizellen auf ihr Erbgut untersucht werden, wenn man dadurch ausschließen kann, kleine Terroristen an unser gesegnetes deutsches Erdenlicht zu bringen? Kann man eine so große Bedrohung einfach der Allmacht Gottes überlassen? Und welchen Sonderweg kann Bayern gehen? Ich denke, die Union steht vor einem heftigen Flügelkampf und präge hiermit schon einmal die sicherlich dabei noch häufig benötigten Vokabeln "Konservo-Sponti" und "Christ-Realo".
Viel Spaß ansonsten weiter im schönen Deutschland und passt auf, dass sich in eurer Umgebung keine Kinder aufhalten, die ihre Weihnachtssterne rot ausmalen.
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Donnerstag, 19. Februar 2009
Schnipp, schnapp, Haare ab
Zumindest streckenweise galt das für meinen bisher natürlich dahinwallenden Kopfschmuck, nachdem ich mich zum zweiten Mal in einer der geräumigen vier Quadratmeter-Bretterbuden eingefunden hatte, die man in unserem schönen Stadtteil Friseur nennt. Den neuen Hair-Stylisten hatte ich beim Billardspielen kennen gelernt und gehofft, dass er mit der Schere ähnlich zielsicher wäre wie mit dem Queue. Ob dem so ist, konnte ich leider nicht abschließend herausfinden, denn der gute Mann benutzt vornehmlich Rasierer und besitzt lediglich eine kleine Bastelschere, wie Kinder sie benutzen um possierliche Elefanten aus buntem Papier zu schneiden. Meine Frisur glich dann nach dem „Friseurbesuch“ auch ungefähr der der Dickhäuter und ein ähnlich dickes Fell brauchte ich dann auch für den Rest des Tages, ehe ich am folgenden Vormittag professionelle Hilfe in Anspruch nahm. Alles retten konnten die dann auch nicht mehr, denn Haare anzukleben war nicht möglich, allerdings kam der Reparatur-Friseur mit tollen Vorschlägen, meist mit der Begründung „dann sieht es wenigstens beabsichtigt aus“. Somit bin ich nun vorerst sportlich kurz behaart mit einigen schicken Features, weil Kollege Nummer eins sich entschieden hatte, meine Hinterkopfbehaarung auf halber Höhe einfach komplett abzurasieren. Mit einer formschönen schrägen Linie wohl gemerkt.
Nachher… Auf vielfachen Wunsch trage ich jetzt übrigens nur noch dieses Hemd. Außerdem soll hier ja ein Vergleich unter bestmöglichen Bedingungen gewährleistet werden. Kenner der Szene wissen, dass sich weiter unten Ablichtungen aus dem Zottel-Stadium finden.
Der Lerneffekt dieser Geschichte liegt darin, dass es sich meist lohnt unternehmerische Selbstinitiative in Townships zu unterstützen. Nur nicht immer für den Kunden. Und auch nicht immer für den Anbieter, wenn er wie im Falle meines Township-Friseurs nach einer guten Stunde kreativen Gestaltens 15 Rand (1,20 Euro) verlangt. Wenigstens muss er davon aber nicht auch noch Scheren kaufen.
Nachher… Auf vielfachen Wunsch trage ich jetzt übrigens nur noch dieses Hemd. Außerdem soll hier ja ein Vergleich unter bestmöglichen Bedingungen gewährleistet werden. Kenner der Szene wissen, dass sich weiter unten Ablichtungen aus dem Zottel-Stadium finden.
Der Lerneffekt dieser Geschichte liegt darin, dass es sich meist lohnt unternehmerische Selbstinitiative in Townships zu unterstützen. Nur nicht immer für den Kunden. Und auch nicht immer für den Anbieter, wenn er wie im Falle meines Township-Friseurs nach einer guten Stunde kreativen Gestaltens 15 Rand (1,20 Euro) verlangt. Wenigstens muss er davon aber nicht auch noch Scheren kaufen.
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